Fifty Shades of Grey (OmU, 2015)

Kaum gibt es ein neues Erotikstreifchen made in Hollywood rennen die Menschen wie gestört ins Kino. Dabei sollte man doch spätestens seit dem  „NYMPHOMANIAC-Hype um Nichts“ wissen, dass diese Filme selten so skandalös sind, wie sie im Vorfeld von der Presse bezeichnet werden. FIFTY SHADES OF GREY ist da nicht anders. Die Handlung lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Die Collegestudentin Anastasia Steele (Dakota Johnson) soll für ihre Freundin Kate (Eloise Mumford), die krank im Bett liegt, ein Interview mit dem 27-jährigen Milliardär und Geschäftsmann Christian Grey (Jamie Dornan) führen. Bei dem ersten Aufeinandertreffen knistert es zwischen den Beiden sofort. Kurze Zeit später treffen sie sich wieder und Christian und Anastasia fallen übereinander her. Doch Christian hat ein dunkles Geheimnis, welches sich in seiner Wohnung in der Form eines Spielzimmers voller Peitschen, Pritschen und Schlagstöcken manifestiert. Ana ist überrascht und neugierig und möchte die sexuellen Vorlieben ihres Freundes kennenlernen und taucht schließlich in die BDSM-Welt ein.

Anastasia Steele (Dakota Johnson) – © Universal Pictures Germany
Oversexed und underfucked

Dieser Christian Grey ist eine Mischung aus dem reichen Geschäftsmann Edward Lewis aus PRETTY WOMAN und dem Vampir Edward Cullen aus TWILIGHT. Ironischerweise war die Autorin E. L. James tatsächlich mal Autorin von Twilight-Fanfiction. Wie Cullen sagt Christian nämlich seiner Liebsten auch permanent wie schlimm er ist und dass sie lieber nicht die grauenhafte Seite von ihm nicht kennenlernen soll, was die Herzdame dann natürlich erst recht neugierig macht. Ist das „Du musst dich von mir fernhalten“-Klischee nicht langsam mal durch?  Jamie Dornan macht eine gute Figur, ist undurchschaubar und kontrolliert, und obwohl man eigentlich gar nichts von Greys Background erfährt, hat er doch irgendwas an sich, was spannend ist. Immer wieder wird man mit Christians Aussagen „Ich bin halt so.“ oder „Ich hatte einen schwierigen Start.“ abgespeist, deshalb kann man Anas Neugierde verstehen. Diese Hinhaltetaktik würde besser funktionieren, wenn man gegen Ende dann auch eine Erklärung liefern würde. Dies geschieht aber nicht und so wartet der Zuschauer vergeblich. Betrachtet man den Witz im Film, dann merkt man schnell, dass er fast ausschließlich für Fans gemacht ist. Wenn Christian im Baumarkt nach Kabelbindern und Seilen verlangt, dann ist das ein Brüller – aber nur, weil man sein Geheimnis schon kennt. Dakota Johnson gibt das dumme College-Mädchen und verursacht mit ihrer Darstellung eher ein fragendes Schulterzucken. Sinngemäß hat Nina Eichinger in ihrer Funktion als Moderatorin der Weltpremiere in Berlin gesagt, dass der Film für die Masse gemacht sei und die seien auch die strengsten Kritiker, hier gehe es nicht um Filmkritiker. Im Wörterbuch Moderator-Deutsch heißt das: Was schert uns, was die Kritiker denken, wir wissen, dass es sich verkauft und das ist es was zählt.

© Universal Pictures Germany
Massenkompatibilität

Daher setzt der Film auch stark auf eine möglichst große Massenkompatibilität anstatt sich in der Nische zu positionieren. Dies gilt nicht nur für den Soundtrack, auf dem sich Musikgrößen wie Ellie Goulding, Beyoncé oder Annie Lennox tummeln, sondern auch bei der Geschichte. In jeder nur erdenklichen Möglichkeit werden die Namen der Protagonisten genannt, nur für den Fall, dass der Zuschauer mal vergisst, wer wie heißt. Ganz besonders bei Liftszenen ist dieses → „Anastasia“-„Christian“ einfach nur übertrieben. Wer nichts erwartet, wird hier und da sogar überrascht, wer allerdings nur aufgrund der krassen Sado-Maso-Szenen im Kinosessel sitzt, wird enttäuscht. Denn FIFTY SHADES ist überraschend züchtig. Die Protagonistin ist Jungfrau, weshalb sie erst einmal langsam an das Thema Sex herangeführt werden muss. Das dauert und ist auch eher romantisch als brutal. In der krassesten Szene wird Ana schließlich der Hintern versohlt, bis sie weint. Das Filmbild verzichtet aber auf Striemen, blaue Flecke und rot geschlagene Haut. Sieht man in FIFTY SHADES OF GREY ein modernes Märchen, ähnlich DIE SCHÖNE UND DAS BIEST, hat man seinen Spaß. Dann macht es auch nichts aus, dass die Figuren eindimensional und flach sind, weil in Märchen die Rollen eigentlich immer stereotypisch verteilt sind. Und so muss man doch die → britische Baumarkt-Kette belächeln, die sich auf eine hohe Nachfrage zwecks Kabelbinder und Klebeband vorbereitet. Der Film bietet hierfür keine schlagenden Argumente und das ist hier durchaus wörtlich zu verstehen.

Für Sado-Maso-Begeisterte (1.5/6), für Liebesfilm- und Märchenliebhaber (4/6)

Trailer: © Universal Pictures Germany

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