Nachdem Michael Fassbender bereits einen Ausflug in eine Computerspielverfilmung gemacht hat, ist jetzt seine Frau Alicia Vikander dran. Und was soll ich sagen? TOMB RAIDER ist nicht nur besser als ASSASSIN’S CREED, sondern auch besser als die beiden bisherigen Lara Croft-Verfilmungen mit Angelina Jolie in der Hauptrolle. Wieder behandelt der Film ausführlich das zerrüttete Verhältnis zwischen Papa Croft und seiner Tochter.
Die 21-jährige Lara Croft (Alicia Vikander) lebt als Fahrradkurierin in London. Noch immer ist sie nicht über das Verschwinden ihres Vaters Lord Richard Croft (Dominic West) hinweg, der sie vor sieben Jahren verlassen hat. Dessen global agierendes Wirtschaftsimperium interessiert Lara kaum. Eines Tages fällt ihr ein Rätsel in die Hände, durch das sie ein geheimes Büro ihres Vaters findet. Der war auf der Suche nach dem Grab einer japanischen Königin Himiko. Lara findet Beweise, dass ihr Vater wohl auf die japanische Insel Yamatai nach ihr gesucht hat. Zusammen mit dem Kapitän Lu Ren (Daniel Wu) bricht sie auf. Das Boot kentert kurz vor dem Ziel. Lara wird von Mathias Vogel (Walton Goggins) gerettet, der schon Jahre auf der Insel lebt, doch seine Hilfe ist nicht ganz uneigennützig.
Alles nicht neu, aber dennoch unterhaltsam
Die Handlung ist nicht neu. Im Grunde ist es der Plot von TRON: LEGACY: Talentierter Sprössling hat keine Lust das Imperiums des verschollenen Vaters zu übernehmen. Die Suche nach dem eigenen Vater sorgt für eine innere Motivation und der Sprössling wächst durch das erlebte Abenteuer über sich hinaus und übernimmt endlich Verantwortung. Und ja, das wäre alles einfach nur ein lauwarmer Aufguss, wenn da nicht Alicia Vikander wäre.
Ihre herzliche Art ist einfach ansteckend. Daher folgt man ihr auch gerne zu den entlegenen und exotischen Drehorten. Auch Dominic West bekommt hier im Gegensatz zu Jon Voight als Vater wesentlich mehr Platz eingeräumt und verkommt nicht nur zum reinen Flashback-Statisten, was ich ebenfalls erfrischend fand.
Wer hat Angst vor der Frau? Niemand!
In seiner → Filmanalyse beschwerte sich Wolfgang M. Schmitt – mit dem ich ja eh selten einer Meinung bin – darüber, dass Lara Croft in diesem Film keinen Sex hat und mutmaßt, dass der Grund hierfür darin liegt, dass man angesichts der #Metoo-Debatte wohl keine Experimente machen wollte. Er überschreibt ein Kapitel seines Vortrags sogar mit “Angst vor der Frau” und behauptet die aktuelle Lara Croft sei entsexualisiert worden. Das ist einfach nur furchtbarer Schwachsinn.
Die Angelina Jolie-Version der Lara Croft war dieses übersexualisierte Wesen, die fleischgewordene Männerfantasie, die so übertrieben dargestellt war, dass sie schon fast eine Parodie ihrer selbst war. Die Alicia-Vikander-Version kommt hingegen wie ein echter Mensch daher. Vikander spielt Croft in TOMB RAIDER als eine selbstbewusste, mutige Frau, die aber kein Übermensch ist oder sein will. Und ob diese Frau jetzt Sex hat oder nicht, ist absolut nebensächlich. Ebenfalls gelungen ist der Kontrast, der sich daraus ergibt, dass hier eine bodenständige Heldin in einem abgehobenen, gekünstelten Setting (Verfolgung von Dieben in Hongkong, undurchsichtiger Dschungel einer geheimnisvollen Insel…) agiert. Glücklicherweise hat man auf einen mystischen, überirdischen Endgegner verzichtet. Das wäre tatsächlich zu viel des Guten gewesen und die Vater-Tochter-Story trägt den Film auch so.
Nicht ohne Fehler
Natürlich die Geschichte nicht frei von Logiklöchern. Nicht, das ich überrascht bin. Vikander geht beim besten Willen nicht mehr als Anfang 20 durch. Auch die hyperschnelle Heilung von verletzten Charakteren ist schon recht unrealistisch; genauso wie die Tatsache, dass Lara ohne besondere Vorkenntnisse sämtliche Rätsel in Minuten lösen kann. Nachdem die Handlung in den ersten beiden Dritteln schon fast sehr familiendramalastig ist, wird die Action dann erst im letzten Drittel entfaltet. Das hätte man sicher eleganter lösen können.
Was den Bösewicht angeht, finde ich es schwer, mir eine Meinung zu bilden. Auf der einen Seite spielt Walton Goggins einen stereotypischen Bösewicht ohne Ecken und Kanten, an dessen Motivation und Hintergrundgeschichte einfach zu sehr gespart wurde. Auf der anderen Seite funktioniert es trotzdem irgendwie. Man nimmt ihn als Gegenspieler ernst genug, auch wenn seine Motivation nur in wenigen Momenten durchscheint. TOMB RAIDER endet relativ frei und hält sich die Möglichkeit eines Sequels offen. Vikander hat bereits signalisiert, sie wäre für eine Fortsetzung zu haben. Ich auch.
5/6 bzw. 8/10
Trailer: © Warner Bros. Germany
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