She Said (2022)

Es ist wohl kaum eine Überraschung, dass der Skandal um den ehemaligen US-Filmproduzenten Harvey Weinstein auch seinen Weg ins Kino findet. SHE SAID steht dabei in der Tradition von Filmen wie BOMBSHELL, SPOTLIGHT oder DIE VERLEGERIN und erzählt die Recherche der Journalistinnen Jodi Kantor (Zoe Kazan) und Megan Twohey (Carey Mulligan). Die beiden Reporterinnen von der New York Times finden im Zuge einer Recherche zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz heraus, dass der renommierte Produzent Harvey Weinstein jahrzehntelang Frauen sexuell belästigt und teilweise auch vergewaltigt hat. Doch bevor sie die Geschichte veröffentlichen können, müssen sich die beiden noch gegen Einschüchterungen von Weinsteins Anwälten und vor allen Dingen das Schweigen der Frauen ankämpfen.

Jodi Kantor (Zoe Kazan) und Megan Twohey (Carey Mulligan) - © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.
Jodi Kantor (Zoe Kazan) und Megan Twohey (Carey Mulligan) – © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.

Für wen ist dieser Film gedacht?

Ich bin mit einer gewissen Ambivalenz aus dem Kino gekommen. Ohne Zweifel ist SHE SAID eine solide Verfilmung der Recherche des Weinstein-Skandals. Ich frage mich aber, ob es den Film wirklich gebraucht hat. Jeder, wirklich jeder, der sich auch nur ein bißchen für die Filmindustrie interessiert, hat 2017 die Enthüllungen um den US-Produzenten Harvey Weinstein und die Anschuldigungen der Frauen mitbekommen. Auch das Gerichtsurteil im Jahr 2020, das diese Anschuldigungen in weiten Teilen bestätigt hat, ging durch alle Medien. Daher frage ich mich, wer die Zielgruppe des Films ist. Warum erzählt man eine Geschichte, deren Ausgang bereits jeder kennt?

Szenenbild aus SHE SAID (2022) -  Jodi (Zoe Kazan) und Megan (Carey Mulligan) erhalten einen wichtigen Anruf. - © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.
Jodi (Zoe Kazan) und Megan (Carey Mulligan) erhalten einen wichtigen Anruf. – © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.

Bitterer Beigeschmack

In einem → Interview mit ttt erklärte die Regisseurin Maria Schrader, der Film zeige den Mut der Frauen und eine „Kraftgewinnung“. Aber dafür müsste man nicht unbedingt einen Film machen, in dem man die Traumata der Betroffenen noch einmal in aller Breite bespricht. Ein weiteres komisches Gefühl hatte ich, als im Vorspann das Logo von „Plan B“ (= Produktionsfirma von Brad Pitt) zu sehen war. Pitt war nämlich zu einer Zeit mit Gwyneth Paltrow zusammen, in der diese von Weinstein belästigt wurde. Pitt wusste davon, kam aber nicht auf die Idee die Zusammenarbeit mit Weinstein zu beenden. Dass ausgerechnet er hier als Produzent auftritt, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Sollte der Film erfolgreich sein, verdient er hier in seiner Funktion als Produzent Geld mit dem Thema.

Szenenbild aus SHE SAID (2022) - Die Berichterstattenden telefonieren mit Weinstein, kurz vor Veröffentlichung des Artikels. - © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.
Szenenbild aus SHE SAID (2022) – Die Berichterstattenden telefonieren mit Weinstein, kurz vor Veröffentlichung des Artikels. – © 2022 Universal Studios. All Rights Reserved.

Authentisch unter Vorbehalt

Auch wenn Maria Schrader keine explizite Gewalt zeigt, sind die Beschreibungen völlig ausreichend. Ich empfand die Beschreibungen auch teilweise als unnötig explizit. Carey Mulligan und Zoe Kazan nimmt man ihre Rollen als Mütter und Journalistinnen mit Leidenschaft sehr ab. Überhaupt ist das Casting in diesem Film wirklich sehr gut. Das liegt auch daran, dass teilweise betroffene Schauspielerinnen wie Gynweth Paltrow in Form von Stimmbeiträgen bei Telefonaten mitspielten oder aber wie Ashley Judd präsent Gesicht zeigen und sich selbst spielen. Auch die Tatsache, dass man in den tatsächlichen Räumlichkeiten der New York Times gedreht hat, sorgen für Authentizität. SHE SAID macht vieles richtig und erzählt die Geschichte spannend und über weite Teile auch recht mitreißend. Dennoch finde ich, dass man diesen Film nicht hätte machen sollen. Nicht mit Brad Pitt als Produzent und nicht wenige Jahre nach den tatsächlichen Ereignissen.

7/10

Bewertung: 7 von 10.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert