Der Verleiher von THE CURRENT WAR hatte aber auch wirklich gar kein Glück. Erst wird der Filmstart 2017 aufgrund des Harvey-Weinstein-Skandals nach hinten verschoben – Weinstein hatte den Film nämlich mitproduziert. Dann kommt der Film doch noch in die Kinos, aber zeitgleich bricht eine weltweite Pandemie aus. Trotz erstklassiger Schauspielriege versackt der Film momentan in den wenigen Kinos, die den Film überhaupt noch zeigen. In einem saß ich. Wie es der Filmtitel schon sagt, geht es um den sogenannten Stromkrieg. Im Jahr 1880 gelingt es Thomas Edison (Benedict Cumberbatch) eine marktfähige Glühbirne herzustellen. Durch die finanzielle Unterstützung von J.P. Morgan (Matthew Macfadyen) kann er zusätzlich fünf Blocks in Manhattan mit elektrischem Licht versorgen. Doch der Geschäftsmann George Westinghouse (Michael Shannon) erkennt die Grenzen der neuen Technologie. Er arbeitet mit Wechsel- statt mit Gleichspannung und übernimmt einige von Edisons Entdeckungen. Es entbrennt eine wirtschaftliche Auseinandersetzung um den technischen Standard.
Eine pedantische Anmerkung zum deutschen Filmtitel
Zunächst mal ein paar Worte zum Titelkrampf. THE CURRENT WAR, also übersetzt: der Stromkrieg, ist weitaus allgemeiner gehalten als der deutsche Filmtitel EDISON – EIN LEBEN VOLLER LICHT. Und so gerne ich Benedict Cumberbatch, der hier Edison verkörpert, auch habe, mag ich den Originaltitel lieber. Denn der Film ist keinesfalls ein Biopic über Edison, auch wenn der unnütze Titelzusatz das offenbar vermitteln soll. Es geht hier tatsächlich um den Stromkrieg zwischen Edison und Westinghouse – und im weiteren Sinne auch um die Rolle von Nikola Tesla.
Von der Bedeutsamkeit von Elektrizität
Alfonso Gomez-Rejon gelingt es mit seinem Film die Bedeutsamkeit von Elektrizität und elektrischem Licht zu unterstreichen ohne groß dabei auf Fachbegriffen herumzureiten. Die Begriffe „alternating current“/AC (=Wechselstrom) und „direct current“/DC (=Gleichstrom) fallen zwar ab und an, aber auch Nicht-Elektriker können dem gut folgen. Ich habe mehrmals darüber nachgedacht, welche Technologien wir ohne Strom gar nicht nutzen könnten und wie selbstverständlich wir die Steckdose und Ladestationen heute nehmen. Im Englischen kann das Wort “power” mehrere Bedeutungen haben. Power ist Macht, Kraft, Leistung und Energie. Das Wort wird aber auch für Strom vom Netz benutzt. Wie nahe Strom und Macht miteinander zu tun haben, thematisiert der Film ausgesprochen gut. Edison wird immer wieder von Fans angesprochen und genießt einen guten Ruf, was ihm wiederum Gelder beschert mit denen er seine teure Forschung ausbauen kann. Westinghouse ist ein zurückhaltender Zeitgenosse, der aufgrund des billigeren Preises seines Systems überzeugen kann.
Solides Biopic
Mir tat es tatsächlich ein bißchen leid um diesen Film, denn handwerklich ist das eine solide Aufarbeitung der historischen Fakten (weitere Infos auf → History vs. Hollywood). Kein Meisterwerk, aber ein Biopic im modernen Gewand. Über das Schauspiel lässt sich ebenfalls nichts Schlechtes sagen. Benedict Cumberbatch, der wohl irgendwie ein Faible für die Verkörperung von Figuren von historischer Bedeutung hat (u.a. Alan Turing, Dominic Cummings, Julian Assange), überzeugt natürlich wieder als ich-zentrierter Erfinder. Diese Rolle beherrscht er ja mittlerweile im Schlaf. Und Michael Shannon gelingt es, mit stoischer Gelassenheit dem Treiben auf der Gegenseite Einhalt zu gebieten. Sie spielen – wie ihre Figuren auch – auf Augenhöhe.
5/6 bzw. 8/10
EDISON – EIN LEBEN VOLLER LICHT wird ab 27. November 2020 auf DVD und Blu-Ray zu erstehen sein. Wer lieber streamt, kann den Film bereits ab dem 20. November 2020 über die einschlägigen Platttformen kaufen.
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