In einer Zeit, in der Streaming-Dienste um die Gunst des Publikums buhlen, zeichnet sich ein klarer Trend ab: Bildgewaltige Epen sind nie aus der Mode gekommen. Das Serien-Jahr 2024 hatte mit SHŌGUN die Messlatte für opulentes Historien-Fernsehen bereits recht hochgelegt. In diese Kerbe schlägt auch die heiß erwartete zweite Staffel von HOUSE OF THE DRAGON. Nach den Geschehnissen der ersten Staffel stehen die Konfliktparteien nun endgültig vor der Eskalation. Auf der einen Seite steht Rhaenyra Targaryen (Emma D’Arcy), die den eisernen Thron beansprucht, nachdem sie von ihrem Vater, König Viserys I. (Paddy Considine), als Erbin eingesetzt wurde. Sie wird von ihrem Ehemann Daemon Targaryen (Matt Smith) unterstützt, der als undurchsichtiger Drachenreiter und brutaler Stratege eine entscheidende Rolle spielt. Auf der anderen Seite formiert sich die Gegenseite um Alicent Hightower (Olivia Cooke), die ihren Sohn Aegon II. (Tom Glynn-Carney) als rechtmäßigen Thronerben sieht.
Wer war mit wem nochmal…?
Wer die erste Staffel nicht mehr ganz präsent vor Augen hat, könnte sich zu Beginn der 2. Staffel etwas verloren fühlen, denn es geht nahtlos und ohne Rückblick weiter. Die Vielzahl an Charakteren und ihre komplexen Beziehungen zueinander können anfangs überfordernd wirken. Ich würde daher empfehlen, vor dem Start der zweiten Staffel entweder die erste Staffel noch einmal aufzufrischen oder sich über einschlägige Webseiten Zusammenfassungen anzusehen. Trotz dieser anfänglichen Herausforderung gelingt es der Serie recht schnell wieder das wohlig-warme High-Fantasy-Blockbuster-Gefühl auf den heimischen Bildschirm zu zaubern. Die epische Inszenierung, die packenden Intrigen und die atemberaubenden Drachen-Sequenzen sorgen für die Mischung aus Spannung und Fantasy-Flair, die Fans der Reihe so schätzen. Besonders hervorzuheben ist dabei Episode 4 „The Red Dragon and the Gold“, in der gleich mehrere Drachen gegeneinander in den Kampf ziehen.
Komprimierte Erzählung
Die Showrunner haben sich für eine komprimierte Darstellung der Ereignisse aus George R.R. Martins Buchvorlage entschieden. Dies führt zu einer strafferen Erzählweise, die kaum Längen aufkommen lässt. Ein Beispiel dafür ist die vergleichsweise schnelle Genesung von Aegon II (Tom Glynn-Carney) nach einem schweren Unfall, die in den Büchern deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Solche Verdichtungen mögen Puristen stören, sorgen aber für ein durchgehend packendes Seherlebnis. Während Olivia Cooke und Emma D’Arcy ein weiteres Mal charakterstark die zwei Seiten der gleichen Medaille spielen, bleibt Matt Smith als Daemon Targaryen etwas hinter den Erwartungen zurück. Er verbringt die meiste Zeit in Harrenhall und wird von Visionen geplagt. Diese Visionen sorgen zwar für eine Charakterentwicklung bei Daemon, dauern aber unverhältnismäßig lang und bieten wenig Neues.
Nebenfiguren rücken in den Vordergrund
Die zweite Staffel HOUSE OF THE DRAGON fokussiert sich stärker auf Nebenfiguren. Insbesondere die, die in den nächsten Staffeln noch eine größere Rolle spielen werden, wie z.B. Ulf (Tom Bennett), Hugh Hammer (Kieran Bew) oder Addam of Hull (Clinton Liberty). Dadurch hat man auch den Eindruck, dass sich die Welt weiter öffnet und mehr ist als einfach nur der Kampf der Schwarzen gegen die Grünen. Insgesamt ist die zweite Staffel von HOUSE OF THE DRAGON trotz kleinerer Ungereimtheiten eine klare Empfehlung. Sie ist nicht nur eine würdige Fortsetzung, sondern überzeugt durch ihre visuelle Opulenz, eine fesselnde Handlung und herausragende schauspielerische Leistungen. Für Fans von epischen Fantasy-Geschichten und insbesondere für Fans des GAME OF THRONES-Universums ist diese Staffel ein Muss.
HOUSE OF THE DRAGON kann man hierzulande über den Streamingdienst WOW anschauen. Der Heimkinostart der 2. Staffel ist der 21. November 2024.
9/10