Türen im Film gibt es wie Sand am Meer. Türen finden sich im Außen- wie im Innenbereich eines Hauses, und besonders große Türen, also Tore, begrenzen in der Regel ein bestimmtes Areal wie etwa das Eingangstor in Hogwarts, der Zauberschule von Harry Potter. Auto-, Bus- oder Fahrstuhltüren sollen hier nicht in die Bewertung miteinfließen. Türen wie Tore sind immer eine Abgrenzung. Eine Abgrenzung von Innen und Außen (Haustür), eine Abgrenzung zwischen dem Ehemann und dem Verehrer (TATSÄCHLICH LIEBE) oder von Gefahr und Sicherheit (Tür zum PANIC ROOM). Türen werden gerne auch in der Kameraführung berücksichtigt, wenn etwa die Tür einen Spalt geöffnet ist und durch diesen der Blick auf das eigentliche Geschehen fällt oder gar ein neugieriger Blick durchs Schlüsselloch. In der Regel sind Türen eckig, in Mittelerde sind die Eingänge zu den Behausungen der Hobbits allerdings rund und erinnern an überdimensionale Weinfässer. Türen sind aber nicht zwangsläufig aus Holz oder Eisen, bei einer Tür mit einem milchigen Glasfenster erkennt man die Person im Profil (NANNY MCPHEE, FLUCH DER KARIBIK 1) oder man erkennt mit genügend Gegenlicht die gesamte Silhouette der Person.
Geheimnisvoll ist es, wenn sich Türen ohne Zutun öffnen oder schließen (NOSFERATU). Märchenhafte Filme enden meistens mit dem Bild einer geschlossenen Tür um dem Zuschauer einen Abschluss der Geschichte zu signalisieren. Türen gibt es in allen Größen. Man denke dabei an HERR DER RINGE (Aragorn berichtet Theoden über die Leuchtfeuer, Schwarzes Tor von Mordor, Türen von Durin in Moria). Aber manche Türen sind auch so klein, dass sie ohne Magie oder energisches Zutun kaum geöffnet werden können. (ALICE IM WUNDERLAND, BEING JOHN MALKOVICH, PANS LABYRINTH). Eine Tür zu öffnen ist manchmal komplizierter als gedacht. Manchmal müssen Vorhängeschlösser geknackt werden (MR. BROOKS). Harry Potter muss im STEIN DER WEISEN erst einmal den einzig passenden Schlüssel aus einer Vielzahl an möglichen Schlüsseln herausfinden um die Tür öffnen zu können. Jahre später träumt er in DER ORDEN DES PHÖNIX von einer Tür im Zaubereiministerium. Neo träumt in MATRIX RELOADED ebenfalls von einer Tür gemacht aus Licht. Die Tür findet sich aber auch als Methapher für ein philosophisches Konzept. In CLOUD ATLAS heißt es: “Death is only a door. One closes, and another opens. If I were to imagine heaven, I would imagine a door opening.”
An der Türschwelle
von Franziska Tretter/Adoring Audience
Die Tür verschließt Verborgenes, daher ist es nicht ungewöhnlich, dass an Türen gelauscht wird, durch das Schlüsselloch oder den Türspion geschaut wird (PSYCHO, LÉON – DER PROFI). Geheimnisvolle Botschaften werden unter Türen hindurchgeschoben wie in OLDBOY (2003) oder THE SOCIAL NETWORK. Eine offene Tür signalisiert dem Gast, dass er willkommen ist, eine geschlossene das Gegenteil. Durch Klopfen oder Klingeln wird dem Gast Einlass gewährt. Mit dem richtigen Schlüssel kann eine Tür geöffnet werden. An der Türschwelle wird diskutiert, es werden Zeugenaufnahmen aufgenommen wie in SPOTLIGHT, in PULP FICTION finden die Gespräche mit gezückter Waffe statt und in LOVE ACTUALLY finden alle wichtigen Momente vor oder in Türrahmen statt, sei es ein erster Kuss und das Liebesgeständnis an die Auserwählte.
Exkurs: Die Falltür und die Hotelzimmertür
Einen Spezialfall bildet die Falltür. Entweder ist diese Teil eines Zaubertricks wie in THE PRESTIGE, der Zugang zu einem versteckten Ort wie in HARRY POTTER oder gar die Falltür unter einem Galgen wie in mehreren FLUCH DER KARIBIK-Filmen gezeigt. Die Falltür ist aber auch eine Abkürzung. So werden die Leichen des SWEENEY TODD auf direktem Weg in den Keller befördert, wo sie weiterverarbeitet werden. Ein weiteres Phänomen, das meistens bei Hotelzimmertüren anzutreffen ist, sind Verwechslungen durch eine verdrehte Zimmernummer (6 und 9) oder durch die komplette Neunummerierung der Zimmertüren wie in OCEAN’S 13.
Quelle: © Arte
Die Tür als Portal in andere Welten
von Marcel von Filmschrott
In erster Linie dient eine Tür natürlich dazu, von einem Raum in einen anderen zu gelangen. In anderen Größenordnungen ist sie höchstens eine Verbindung zwischen einem Hausflur und dem Rest der Welt. Im Film stellt sie aber nicht selten ein Portal zwischen den Welten dar. Der Klassiker in dieser Kategorie dürfte THE WIZARD OF OZ sein. Nachdem ein Tornado gewütet hat, steht das Haus nicht mehr in Kansas und Judy Garland betritt durch die Tür die Welt von Oz. CORALINE gelangt im gleichnamigen Film durch eine kleine Tür und einen dahinter liegenden Tunnel in die düstere Welt der Knopfaugen. Durch die Türen eines Kleiderschranks gelangt Lucy in THE CHRONICLES OF NARNIA: THE LION, THE WITCH AND THE WARDROBE in das verschneite Narnia. Mads Mikkelsen gelangt in DIE TÜR durch besagte Tür 5 Jahre in die Vergangenheit und bekommt so die Chance den Tod seiner Tochter zu verhindern. In die Zimmer von kleinen Kindern gelangen die Monster der MONSTERS INC., um dort Energie durch ihre Schreie zu sammeln, indem sie die Kinder erschrecken. Diese Türen spielen im Verlauf des Films eine sehr große Rolle. Es ist wohl der Film mit den meisten Türen und Türportalen aller Zeiten.
Clip: © Disney via Prince Corin/Youtube
Die zerstörte Tür
von Marcel von Filmschrott
In gefühlt jedem Actionfilm oder Thriller wird mindestens eine Tür aufgetreten. Oft wird vorher nicht mal nachgeschaut, ob sie überhaupt verschlossen ist. Zerstörte Türen pflastern also den langen Weg des Medium Film. Die Gründe für die Türzerstörung können dabei ganz unterschiedlich sein. In den meisten Fällen geht es natürlich darum, in den Raum dahinter zu gelangen. Wie zum Beispiel Jack Nicholson in Stanley Kubricks THE SHINING, der mit einer Axt die Badezimmertür zerlegt, um anschließend mit selbiger Axt seine Frau Shelley Duval zu zerhacken. Al Pacino will in CARLITOS WAY aus dem absolut gegenteiligen Grund durch eine verschlossene Tür. Denn dahinter entkleidet sich gerade Penelope Ann Miller und macht ihn spitz wie Nachbars Lumpi. Nicht reinkommen, sondern jemanden draußen halten will Tim Robbins, während er im Gefängnis sitzt. In THE SHAWSHANK REDEMPTION schließt er sich in der Bibliothek ein und beschallt den Gefängnishof mit Opernmusik. Direktor Bob Gunton gefällt das natürlich gar nicht und er lässt die Tür einschlagen. In MONSTERS INC. werden Türen direkt ganz geschreddert, so dass man sie nicht mehr betreten kann, nachdem die Kinder dahinter zu groß geworden sind, um Angst vor Monstern zu haben. Nur eine geschredderte Tür wird wieder zusammengefügt, damit Sully die kleine Boo noch einmal besuchen kann.
Clip: © Warner Bros. via Bobzeda/Youtube
Verborgene Türen und Geheimgänge
von Marcel von Filmschrott
Wir kennen sie natürlich vor allem aus alten Schlössern und Burgen: Geheimtüren, die den damaligen Königen oder anderen Regierenden eine schnelle Flucht ermöglichen sollten, wenn draußen mal wieder der Pöbel die Mistgabeln schwingt und zum Königsmord aufruft. Das aktuellste Beispiel dürfte der geheime Eingang zur Batcave sein, die Bruce Wayne über eine Tastenkobination am Klavier erreicht.
Das Anwesen in der Brettspielverfilmung CLUE strotzt nur so vor geheimen Türen.
Die ADDAMS FAMILY verbindet direkt mehrere Geheimtürklischees, mit einem geheimen Gang hinter einem Bücherregal, den man durch das Herausziehen eines bestimmten Buchs öffnet, einer geheimen Falltür mit anschließender Rutsche, einem See, den es zu überqueren gilt und zuletzt einem Tresorschloss um die letzte geheime Tür zu öffnen. In Abenteuerfilmen wie INDIANA JONES oder THE GOONIES gehören geheime Türen und verborgenen Eingänge, mit teils äußerst komplizierten Öffnungsmechanismen, natürlich zur Tagesordnung. In Filmen dienen verborgene Türen und Geheimgänge aber nicht immer nur zur Flucht. Oft sind sie mehr eine Sperre, um ungebetene Gäste draußen zu halten. In THE LORD OF THE RINGS: THE FELLOWSHIP OF THE RING verzweifelt Gandalf daran, das geheime Wort zum öffnen der geheimen Tür zu den Minen von Moria herauszufinden. Im HARRY POTTER-Universum dienen Gemälde als Geheimgänge und die darin abgebildeten Personen als die Wächter für diese geheimen Türen. Aber auch sonst gibt es in der magischen Welt natürlich unzählige Geheimgänge und Möglichkeiten, sich schnell von A nach B zu begeben.
Clip: © Warner Bros. via Martin Rivet/Youtube
Schöner Artikel zum Thema Türen. Hab nicht ganz gewusst, was ich anfangs erwarten soll, aber es war spannend. Und ja, über Türen macht man sich normalerweise nicht so viele Gedanken 😀
Vielen Dank. Du kannst dich gerne bei einem der nächsten „Filmischen Objekte“ beteiligen. Wir suchen noch andere Autoren. Momentan machen das Marcel und ich alleine und das ist auf Dauer sehr zeitaufwendig. Je mehr Autoren, desto mehr weniger Arbeit für den Einzelnen.