Fifty Shades Darker (OmU, 2017)

Wenn ich an FIFTY SHADES OF GREY zurückdenke, dann mit einem Schaudern. Nicht – wie man annehmen könnte – weil der Film so grauselig gewesen wäre. Ich fand ihn damals sogar recht annehmbar. Nein, was mich mit Schauern erfüllt, sind die Umstände, wie ich diesen Film angesehen habe. Ich saß im sich langsam füllenden Zoopalast. Es war ein Special Screening im Rahmen der Berlinale. Draußen standen die Journalisten dicht gedrängt neben den Fans und wir, die wir im Saal saßen, konnten auf der Leinwand sehen, was draußen vor sich ging. Draußen war ein Gekreische, obwohl noch niemand auf dem roten Teppich war. Besser könnte man diesen Film nicht zusammenfassen: viel Lärm um (fast) nichts. Und dann kamen sie, einer nach dem anderen, Dakota Johnson und Jamie Dornan. Jamie Dornan reichte einer ca. 12-Jährigen seine Hand hin. Dann wurde wieder das Getümmel auf dem roten Teppich gezeigt. Im Anschluss wurde die Kamera wieder auf die 12-Jährige gehalten. Diese musste inzwischen von ihrer Freundin gestützt werden, weil das arme Mädchen unkontrolliert weinte und mit den Nerven völlig am Ende war. „Oh. Mein. Gott.“ dachte ich mir. Warum manche Menschen bei der Begegnung mit einem Schauspieler so abdrehen, ist mir bis heute ein Rätsel. Und warum sie lieber FIFTY SHADES schauen anstatt THE FALL (auch mit Jamie Dornan, nur mit besserem Cast und besserem Drehbuch) verstehe ich auch nicht ganz.

Leila (Bella Heathcote) – © Universal Pictures
Es wird tatsächlich besser

FIFTY SHADES DARKER ist tatsächlich besser als sein Vorgänger, was offengestanden aber keine große Kunst ist. Diese Besserung lässt sich auf die externen Bedrohungen zurückführen: Ana ist gleich in mehrerer Hinsicht in einer misslichen Lage. Zum einen taucht eine Ex von Christian, Leila (Bella Heathcote), auf und stalkt Ana. Zum anderen bedroht sie ihr Chef Jack Hyde (Eric Johnson) und bietet ihr aggressiv an, sich hochzuschlafen. Leider fungieren diese nur die Story voranzutreiben und sind Mittel zum Zweck. Leila wird, nachdem sie genügend Angst und Schrecken verbreitet hat, kurzerhand in die Psychatrie verfrachtet. Jack wird umgehend gekündigt (schließlich kennt Christian den Geschäftsführer der Firma, ja, ja, ist klar!). Gerade das Verhältnis zu Leila wäre durchaus interessant und leider gibt auch die “Unmasked Version” auf der DVD keine weiteren Informationen her. Auch Kim Basinger als Mrs. Robinson taucht nur kurz auf und stellt keine echte Bedrohung dar.

Mrs. Robinson (Kim Basinger) und Christian (Jamie Dornan) – © Universal Pictures

Trotz dieser eher zweifelhaften Bösewichter bekommt FIFTY SHADES DARKER im Vergleich zu seinem Vorgänger aber endlich mal so etwas wie Dynamik. Christian und Ana wirken immer noch nicht ganz ausgegoren, auch wenn manche Momente ganz annehmbar sind, gibt es immer noch Szenen, in denen Jamie Dornan und Dakota Johnson gegen das seichte Drehbuch anspielen. Eine Unart, die aus dem Drehbuch des ersten Teils übernommen wurde, ist das permanente Name-dropping. Denn das, Christian, wirkt auf Dauer, Ana, nämlich unfassbar, Christian, nervtötend, Ana. Das braucht es doch auch nicht. Die Figuren sind bekannt. Was für ein unnötiges Gequatsche.

Nach dem Happy End ist vor dem Happy End

Dem Vorgängerfilm wurde vorgeworfen nicht krass genug zu sein, im Sinne von zu wenig Sex zu zeigen. Das wurde umgehend nachgeholt, was zur Folge hat, dass nahezu jede Szene, in der Ana und Christian zusammen sind, dazu genutzt wird um sexuelle Anspielungen zu machen oder diese in die Tat umzusetzen. Die romantischen und alltäglichen Momente wirken im Vergleich dazu völlig fehlplatziert. Wenn Christian sich bei Jack mit den Worten “I’m the boyfriend.” vorstellt, konnte ich nicht anders als lachen. Aber gut, Realismus ist überschätzt. Die Geschichte ist sowieso zu gut um wahr zu sein. Ein Märchen. Ich hatte ja bereits in meiner Kritik zum Vorgänger Verbindungen zu DIE SCHÖNE UND DAS BIEST gezogen. Nur dieses Mal ist es die Schöne und das Biest nach dem Happy-End. Wie sie mit dem Alltag kämpfen. Nur mit aufdringlichen Product-Placement in der ersten Hälfte. Schauspielerisch darf man nichts Weltbewegendes erwarten.

Grace Trevelyan Grey (Marcia Gay Harden) – © Universal Pictures

FIFTY SHADES ist und bleibt ein Softporno. Ein Hochglanz-Softporno mit treibendem Soundtrack zwar, aber immer noch ein Porno. Die Motivation von Anastasia kann man sehr oft nicht nachvollziehen. Der Zuschauer erfährt ein bißchen etwas zu Christians Vergangenheit und Jamie Dornan  kann die Ambivalenz  seiner Figur besser herausarbeiten, aber auch nur in einem gewissen Rahmen. Am ehesten begeistert noch Marcia Gay Harden trotz ihrer weniger Szenen als „Mama Grey“ mit ihrer herzlichen und resoluten Art.

4/6 bzw. 6.5/10

Der Film wird ab 8. Juni 2017 sowohl auf Blu-Ray als auch auf DVD  erhältlich sein. Die „Unmasked“-Version erhält 13 Minuten mehr Bildmaterial als die Kinofassung. Zur Erstellung der Kritik wurde mir von Universal Pictures freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf meine Wertung.

Trailer: © Universal Pictures Germany

3 thoughts on “Fifty Shades Darker (OmU, 2017)

  1. Softporno klingt jetzt aber ziemlich hart. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, so Mainstream wie diese Filme sind. Aber ich hab den zweiten Teil ja auch noch nicht gesehen, vielleicht macht der ja tatsächlich mal nem ‚fast Softporno‘ wie „Nymphomaniac“ Konkurrenz…

    1. NYPHOMANIAC und FIFTY SHADES zielen in die gleiche Richtung. Sie unterscheiden sich eigentlich nur in der Machart. Während Trier eine spannende Geschichte erzählt, die offenbar auch noch durchdacht ist (den Eindruck habe ich immer seltener), kann ich das von FIFTY SHADES nicht sagen. FIFTY SHADES kommt dabei raus, wenn man nur am schnellen Geld interessiert ist.

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