Room (OmU, 2015)

Es vergeht kein Jahr, in dem es nicht Entführungsopfer in die Nachrichten schaffen, die ihren Peinigern entkommen konnten. Hierzulande denkt man wahrscheinlich zuerst an Natascha Kampusch oder Elisabeth Fritzl. Doch das ist kein europäisches Phänomen, dass lang verschwundene Personen plötzlich wieder auftauchen. In ROOM ist es ein fünfjähriger Junge. Sein Name ist Jack (Jacob Tremblay). Seine Mutter Joy (Brie Larson) wird seit ihrem 17. Lebensjahr von ihrem Entführer (Sean Bridgers) in einem umgebauten Gartenhäuschen festgehalten. Jack kannte nie ein Leben außerhalb dieser vier Wände. Alle bisherigen Fluchtversuche von Ma, wie Jack sie nennt, scheiterten. Doch durch eine selbstlose Rettungsaktion seiner Ma, schafft es Jack in die Freiheit und durch die Beschreibungen von ihm kann die Polizei kurze Zeit später auch seine Mutter befreien. Jack ist plötzlich mit neuen Möglichkeiten konfrontiert: Seine Mutter und er sind nicht mehr den Launen ihres Entführers ausgeliefert, sondern können tun, was auch immer sie wollen. Joy findet heraus, dass ihre Eltern Nancy (Joan Allen) und Robert (William H. Macy) kein Paar mehr sind. Der Alltag stellt das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn auf die Probe.

Jack (Jacob Tremblay) und seine Ma (Brie Larson) im Raum - © Universal Pictures
Jack (Jacob Tremblay) und seine Ma (Brie Larson) im Raum – © Universal Pictures
Die Welt auf wenigen Quadratmetern

Herrlich unaufgeregt kommt der neue Film von Lenny Abrahamson (FRANK) daher. Gerade beim Thema Entführung und Geiselnahme erwartet man doch eigentlich einen Film voller Pathos und Kitsch, vielleicht noch unterlegt mit besonders rührseliger Musik. RAUM ist da anders. Er ist intensiv ohne dabei zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken. Was nicht heißen soll, dass es keine Momente zum Heulen gäbe. Zudem geht ROOM Fragen nach, die selten bei Entführungsfilmen gestellt wird: Was passiert nach den traumatischen Erlebnissen? Wie werden die Opfer damit fertig? Eine Pauschalantwort gibt der Film nicht. Emmy Donoghue, Autorin der Romanvorlage und gleichzeitig auch Drehbuchautorin des Films, muss diese auch nicht geben, denn es gibt keine einfache Lösung. Ein weiterer positiver Unterschied, der ROOM von anderen Filmen unterscheidet. Die Entführung und die Vergewaltigung wird nur angedeutet. Den ganzen Film durchzieht eine gewisse positive Haltung – man fühlt sich dabei etwas an Peter Jacksons IN MEINEM HIMMEL erinnert, der ebenfalls ein tragisches Erlebnis recht positiv erzählt. Der Film macht dem Zuschauer bewusst, wie großartig es ist, eine Wahl zu haben. Sich entscheiden zu können und zu dürfen. Und gerade hier wird das Motiv der Freiheit am ehesten deutlich. Die Freiheit, einen Arzt aufzusuchen. Die Freiheit, zu essen, was man möchte. Die Freiheit, an der frischen Luft zu sein. Und man hat als Zuschauer ein Gefühl der Dankbarkeit für all diese Freiheiten, nachdem man diesen Film gesehen hat.

Jack (Jacob Tremblay) – © Universal Pictures
Film des Jahres?!

ROOM gehört definitiv zu den besten Filmen des Jahres. Brie Larson und Jacob Tremblay liefern eine enorme schauspielerische Leistung ab, die im Falle von Larson völlig zu Recht mit einem Golden Globe und einem Oscar belohnt wurde. Larson hat für die Rolle abgenommen, sich einen Monat lang zurückgezogen und das Sonnenlicht gemieden. Es tut fast schon weh, wenn sie versucht ihrem Filmsohn zu erklären, wie sie in den Raum kam und das draußen noch eine viel größere Welt zu finden ist (→ Szene). Und dann ist da auch noch Jacob Tremblay, der ist nicht nur süß, sondern auch unfassbar talentiert ist. Das freundschaftliche Band, das beide Darsteller verbindet, ist in jeder Einstellung sichtbar. Die Nebendarsteller, die Kameraeinstellungen, die Musik, die ganze Inszenierung – es nimmt einen einfach gefangen. Unbedingt anschauen!

(6/6)

Trailer: © Universal Pictures Germany

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