Es gibt diese Filme, die an mir vorbeigezogen sind und bei denen ich hinterher ganz froh bin, dass genau das passiert ist. Aktuellstes Beispiel ist X-MEN: APOCALYPSE. Der lief abends auf ProSieben und nachdem ich den Film nicht im Kino sehen konnte, habe ich das jetzt nachgeholt. Und ich war froh. Froh, dass ich kein Geld für dieses Machwerk ausgegeben habe. Bereits in den ersten Minuten kurz vor der Einblendung des Filmtitels wird ein regelrechtes Special-Effects-Feuerwerk abgebrannt, dem man seine Herkunft – nämlich der Computer – nur allzu sehr ansieht. Aus fünfundzwanzig Schauspielern wurden → am Computer 295.000 gemacht. Ein Steinblock rauscht durch einen Gang. Er zerstört die Pfeiler.
Die Pyramide explodiert und bricht in sich zusammen. Menschen rennen durcheinander. Charaktere fliegen durch die Luft und nutzen ihre Mutationen um zu überleben. Zu keinem Zeitpunkt habe ich die Dramatik des Gezeigten ernstgenommen. Das liegt auch daran, dass ich einfach schon viel zu oft Ähnliches gesehen habe. Nicht nur generell, sondern eben auch im Marvel-Universum. Eine Inhaltszusammenfassung möchte ich mir an dieser Stelle sparen, weil es im Prinzip die alte Leier vom plötzlich auftauchenden Über-Bösewicht ist, den „die Guten“ bekämpfen müssen.
Farbloser Bösewicht mit übermenschlicher Überzeugungskraft
En Sabah Nur, so der bürgerliche Name des Antagonisten, den Oscar Isaac verkörpert, ist trotz blauer Ganzkörperbemalung erstaunlich farblos. Der gottgleiche Mutant rekrutiert sich vier Mutanten – „die vier Reiter der Apocalypse“ – und stattet sie mit besonderen Fähigkeiten aus. Einer dieser apokalyptischen Reiter ist auch Storm, die Apocalpyse im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße aufliest. Und die geht auch bereitwillig mit, stellt keine Nachfragen und ist einfach nur tief beeindruckt von dessen Macht. Und so läuft es mit allen vier Reitern. Keiner hinterfragt die Motivation, das Ziel oder den Charakter. Auch nicht Magneto (Michael Fassbender). Der wird als Letzter rekrutiert, bekommt keinerlei mutantische Verbesserungen, außer einen neuen Schutzhelm, und schließt sich trotzdem Apocalypse an. Das ist schon echt ein Pfundskerl, dieser En Sabah Nur.
Der kann die Mutanten durch pures Bitten einfach auf seine Seite ziehen. Davon abgesehen wird die Motivation von Apocalypse überhaupt nicht klar. Als Anhänger des Darwin’schen Prinzips des „Survival of the Fittest“ müsste er eigentlich nur an seinem eigenen Überleben interessiert sein. Stattdessen gibt er sogar noch Kräfte ab anstatt sich Kräfte anderer Mutanten anzueignen. Natürlich könnte man argumentieren, die Apokalyptischen Reiter dienten ihm als Bodyguards, aber Apocalpyse wird als derart mächtig charakterisiert, dass man sich schon fragt, ob er überhaupt Bodyguards nötig hat.
https://www.youtube.com/watch?v=QcKoqWvWpQ8
Video: © Youtube/CinemaSins
X-Men: Die Zusammenführung
X-MEN: APOCALPYSE will die Vorgeschichte aus FIRST CLASS und DAYS OF FUTURE PAST mit der “erwachsenen” X-Men-Spielfilm-Trilogie (2000-2006) zusammenführen. Das tut er auch durch zahlreiche Referenzen wie etwa jüngere Versionen von Stryker und einem Cameo von Hugh Jackman als Wolverine. Der behaarte Professor X (James McAvoy) wird zum Glatzkopf. Das ist ja alles ganz nett.
Fesseln tut das aber nicht. Begeistern auch nicht. Alles wirkt wie – ich hoffe, ich darf das so unverblümt sagen – hingerotzt. Evan Peters bekommt als Quicksilver abermals eine Zeitlupenszene spendiert, wahrscheinlich weil die Küchen-Szene in DAYS OF FUTURE PAST so gut bei der Zielgruppe ankam. Die Neuzugänge Psylocke (Olivia Munn), Storm (Alexandra Shipp) und Angel (Ben Hardy) sind genauso eindimensional wie ihr blau-lila eingefärbter Anführer. Einzig der Handlungsstrang um Jean Grey/Phoenix mit Sophie Turner, der neben DEADPOOL 2 als nächster X-MEN-Film in die deutschen Kinos kommen wird, ist noch einigermaßen interessant.
2/6 bzw. 4/10
Trailer: © Foxkino