The Homesman (OmU, 2014)

Wenn erfolgreiche und „langgediente“ Schauspieler anfangen Filme zu drehen, dann muss das nicht unbedingt für den Film sprechen. Ein aktuelles Negativbeispiel ist das Erstlingswerk LOST RIVER von Ryan Gosling, der jüngst auf mehreren Festivals lief, dort von den Kritikern zerrissen wurde und letztendlich für den US-Markt gar keinen Verleih fand. Anders lief es da für Tommy Lee Jones. Jones, den jeder spätestens seit MEN IN BLACK kennt und schon seit über 40 Jahren vor der Kamera steht, verfilmte den gleichnamigen Roman von Glendon Swarthout und spielte zudem auch eine der beiden Hauptrollen. Der „Western“ spielt gar nicht im Westen, sondern im Nebraska des 19. Jahrhunderts. Irgendwo im Nirgendwo wohnt die selbstständige und gottesfürchtige Mary Bee Cuddy (Hilary Swank), die aufgrund ihres selbstbewussten Auftretens potenzielle Heiratskandidaten immer wieder in die Flucht schlägt, was für die 31-Jährige recht frustrierend ist. Auf Wunsch des lokalen Reverends Dowd (John Lithgow) soll Cuddy drei Frauen, die aus den unterschiedlichsten Gründen verrückt geworden sind, nach Iowa zur Pastorenfrau Altha Carter (Meryl Streep) bringen. Resultierend aus der Isolation, Einsamkeit und ihren brutalen Ehemännern haben die Frauen entweder wie Arabella Sours (Grace Gummer) oder Theoline Belknapp (Miranda Otto) ihr Kind getötet oder glauben, sie wären Gott wie Gro Svendsen (Sonja Richter). Auf ihrem Weg trifft Cuddy auf den Gesetzlosen George Briggs (Tommy Lee Jones), der kurz davor ist, gehängt zu werden. Aufgrund der Zusage Briggs‘ ihr beim Transport der verrückten Frauen zu helfen, befreit sie ihn aus seiner brenzligen Lage. So treffen zwei starrsinnige Charaktere aufeinander, die aber auf ihrer fünfwöchigen Reise ein gutes Team werden.

Mary Bee (Hilary Swank) und Briggs (Tommy Lee Jones)© Universum

THE HOMESMAN ist alles andere als ein klassischer Western. Es gibt weder die Guten noch die Bösen und auch keinen epischen Finalkampf unterlegt mit Mundharmonikamusik, so wie man das kennt. Auch Tommy Lee Jones sieht man in einer ungewohnten Rolle. Jones, der meistens auf toughe Rollen wie Sheriffs und andere Gesetzeshüter gebucht ist, verschlägt es dieses Mal auf die andere Seite des Gesetzes. Das Bild ist einfach zu herrlich: da sitzt ein Mann rußbeschmutzt und gefesselt in einem einteiligen Schlafanzug auf einem Pferd mit einer Schlinge um den Hals und fleht winselnd um Hilfe. Man kann nicht anders als laut loslachen. Briggs ist zu Beginn des Films wie ein unreifer Junge, der erst aufgrund des Abenteuers mit Cuddy erwachsen wird. Denn Cuddy ist nicht nur direkt, sondern auch mitfühlend. Obwohl sie die der Transport der drei psychisch kranken Frauen selbst sehr belastet, zeigt sie Mitgefühl und Wärme. Der Film thematisiert auch die Tatsache, dass einfache Dinge wie der Toilettengang bei den permanent geistig abwesenden Frauen zum Problem werden kann. Der Film ist an manchen Stellen wirklich schwer anzusehen. So sieht man in Rückblenden wie sich eine der Frauen beim Nähen plötzlich mit der Nadel unter die Haut sticht oder wie Miranda Otto als Theoline ihren Säugling ins Plumpsklo wirft.

If we met at midnight in the hanging tree… – © Universum

Das Nebraska-Territorium zeichnet sich besonders durch einfache Verhältnisse,  schwierige Wetterbedingungen und Männer aus, die sich einfach nehmen was sie wollen. Die Frauenfiguren sind allesamt unterwürfig und hilflos und lassen sexuelle wie verbale Ausfälle ihrer Männer ohne Murren zu. Im Kontrast dazu steht Cuddy, die mit ihrem selbstbewussten Auftreten eine Sonderstellung inne hat. Die Beziehung zwischen Cuddy und Briggs ist häufig nicht ganz ausgegoren und so fragt man sich doch ab und an nach der Motivation der Charaktere. Das mag vielleicht auch der Grund dafür sein, das man als Zuschauer nicht mit den Hauptfiguren mitleidet. Trotzdem bleibt die Geschichte zu jedem Zeitpunkt spannend. Die Landschaftsaufnahmen sind wirklich großartig. Die Wetterbedingungen wurden nicht etwa per Windmaschine o.ä. erzeugt, sondern waren tatsächlich so am Drehort in New Mexiko. Überraschend ist dann doch der Perspektivwechsel, der gegen Ende vorgenommen wird. Erzählt der Film zunächst Cuddys Haltung und Perspektive, so schwenkt der Film ab einem bestimmten Punkt plötzlich auf Briggs, was auf der einen Seite unvorgesehen und deshalb positiv ist, aber auch gleichzeitig vom Zuschauer eine gewisse Empathie für Briggs als neue Hauptfigur erfordert.

Toller Cast und schöne Bilder (4.5/6)

Bilder und Trailer: © Universum

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