The Aviator (OmU, 2004)

Die Geschichte von Hans Guck-in-die-Luft von Heinrich Hoffman passt auch gut zum Leben eines Flugpioniers und Filmemachers, welches 2004 von Altmeister Martin Scorsese verfilmt wurde. Howard Hughes war nämlich auch vom Himmel und dem Fliegen mehr interessiert als von dem was am Boden so passierte. Zunächst geht es dabei um Hughes‘ (Leonardo DiCaprio) Dreharbeiten zum Kriegsfilm HELL’S ANGELS (1930), die ihn mehrere Millionen Dollar kosten, weil er den Dreh mehrfach verschiebt. Als Erbe eines erfolgreichen Geschäftsmannes verfügt er über die nötigen Mittel seinen Film auch ohne die Hilfe der Major-Filmfirmen durchzuführen. Als mit THE JAZZ SINGER langsam aber sicher der Tonfilm Einzug hält, entschließt sich Hughes kurzerhand den eigentlichen Stummfilm noch einmal als Tonfilm zu drehen, woraufhin er seine rechte Hand Noah Dietrich (John C. Reilly) anweist, notfalls auch seine Firma für den Film zu verpfänden. Sein Risiko zahlt sich aus, denn der Film wird zum Erfolg. Im Zuge dessen trifft er auch auf die Schauspielerin Katherine Hepburn (Cate Blanchett) und verliebt sich in sie. Der passionierte Flugpionier bringt ihr auch das Fliegen bei. Hughes ist stets daran interessiert neue Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen und schafft es 1938 mit einem Flugzeug seiner Firma in drei Tagen um die Welt zu fliegen. Darunter leidet seine Beziehung zu Katherine, die sich schließlich von ihm trennt. Howard sucht daraufhin Trost bei diversen Hollywood-Stars wie der Schauspielerin Ava Gardener (Kate Beckinsale) und stürzt sich in die Arbeit. Als er bei einem Flugzeugabsturz 1946 beinahe das Leben verliert, baut er geistig wie körperlich immer weiter ab.

Szenenbild aus THE AVIATOR - © TFM Distribution
© TFM Distribution
Howard Guck-in-die-Luft

Die Geschichte ist zu Beginn etwas wackelig, was an den ersten beiden Szenen liegt. In Szene 1 wäscht Howards Mutter den Jungen und macht ihm Angst vor Krankheiten. In Szene 2 ist Howard inzwischen erwachsen und dreht gerade an seinem Film. Beide Szenen haben abgesehen vom Protagonisten nichts gemeinsam und alles in allem wirkt das etwas sperrig. Danach kommt die Geschichte allerdings in Fahrt. Leonardo DiCaprio kann die ganze Exzentrik seiner Figur glaubhaft vermitteln. „Der Film kostet ein paar Millionen mehr? Egal, hab ich sie doch. Wir brauchen eine Airline. Kaufen Sie eine. Frisieren Sie die Bücher. Verpfänden Sie meine Firma. Wird schon gut gehen. “ Das ist die typische Hughes-Attitüde. Hughes‘ Leidenschaft für das Fliegen wird nicht erklärt, macht aber dank DiCaprios starker Performance auch nichts. Besonders gelungen ist die Darstellung der vielen Ticks von Howard; das Milchtrinken, der Waschzwang und die aufkeimende Paranoia. Vielleicht die größte Herausforderung, nämlich das zwanghafte Wiederholen der immer gleichen Phrasen, meistert er mit Bravour. Auch Cate Blanchett, die für ihre Rolle als Katherine Hepburn 2005 einen Oscar für die beste weibliche Nebenrolle erhielt, weiß zu überzeugen und nimmt im Rahmen von Hughes‘ Gespielinnen eine Sonderstellung ein. Während sich die meisten Frauen von Howard bezirzen lassen und eher passiv agieren, ist Katherine sehr selbstbewusst und eigenständig.

© Buena Vista
© Buena Vista

Scorsese schafft es mit Musik, Locations und Kostüme der dargestellten Epoche Leben einzuhauchen und gleichzeitig einen Einblick in das damalige Filmgeschäft zu geben. Die Tatsache, dass lediglich die erste Szene des Films auf Hughes‘ Zwangsneurosen Bezug nimmt, ist etwas schwach und unbefriedigend, da der Zuschauer nicht erfährt, warum Howards Mutter eine solche Angst vor Krankheiten hat. Insgesamt wird die Handlung gegen Ende der Filmlaufzeit etwas zäh, was daran liegt, dass die Geschichte nicht zu einem Ende kommen will. Im Bild passiert unglaublich viel: Namen von Protagonisten werden eingeblendet, aus dem Off werden Pressestimmen eingesprochen. Das fordert die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers, die bei einem fast dreistündigen Film naturgemäß auch irgendwann nachlässt. Insgesamt sind hier und da strukturelle Fehler im Film zu erkennen. Die Szenen, in denen eine Art Splitscreen verwendet wird, haben inhaltlich nichts miteinander zu tun. Das Bilder wird ab und zu schwarz-weiß, als wolle man den Eindruck erwecken, es handle sich um originale Fernsehaufnahmen. Eine Intention ist da nicht gerade zu erkennen. Die finale Szene entschädigt dann wieder für viel und gehört definitiv zu DiCaprios Sternstunden.

DiCaprio in oscarwürdiger Höchstform (4.5/6)

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