Wir alle kennen Mary Poppins. Und vielleicht kann man nicht für alle sprechen, aber die meisten werden bei dem Namen Julie Andrews und den gleichnamigen Disney-Klassiker im Kopf haben. Wie schwierig es allerdings für Walt Disney war, diesen Film überhaupt auf die Leinwand zu bringen, davon erzählt SAVING MR. BANKS. Seit den 1940er Jahren versuchte Walt Disney (Tom Hanks) die Erlaubnis zur Kinoadaption von der Autorin P.L. Travers (Emma Thompson) zu erhalten. Doch Travers weigert sich jahrelang beharrlich. Zwanzig Jahre später hat Disney immer noch keine Erlaubnis und lädt Travers in die Vereinigten Staaten ein um ihr Mitspracherecht zu geben. Auch wenn sie noch nicht die Filmrechte abgetreten hat, arbeitet Travers mit dem Drehbuch- und Songwriterteam (Jason Schwartzman, B.J. Novak und Bradley Whitford) zusammen. Allerdings sind ihre Ansprüche mehr als nur hoch. Disney kommt allerdings bald dahinter, dass hinter der kritischen Haltung der Autorin ein guter Grund steckt. Das Kinderbuch war die Verarbeitung traumatischer Kindheitserlebnisse.
Die doppelte Disneyfizierung
THE BLIND SIDE-Regisseur John Lee Hancock wirft einen Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik, wobei es sich bei diesem Blick um einen doch stark verklärten handelt. Eigentlich basiert schon die Grundprämisse, nämlich, dass Disney noch nicht die Filmrechte am Stoff hat, nicht auf den historischen Ereignissen. In Wahrheit hatte er die Rechte bereits und P.L. Travers war auch nicht – wie im Film dargestellt – mit den inhaltlichen Änderungen, insbesondere der Disneyfizierung (musikalische Untermalung, cartoonhafte Trickeffekte), einverstanden. Travers war mit dem fertigen Film so unzufrieden, dass sie jede Verfilmung ihrer anderen Mary-Poppins-Geschichten untersagte. Und schon während man den Film sieht, bekommt man den Eindruck, dass es erstens sicherlich nicht so weichgespült gewesen ist wie es der Film hier präsentiert und zweitens, dass Disney hier P.L. Travers zum zweiten Mal hintergeht. Walt Disney wird durch den sympathischen Tom Hanks als liebenswerter Märchenonkel hingestellt, der alles natürlich nur für seine Töchter macht, weil er ihnen – der Legende nach – eine Verfilmung des Stoffes versprochen hat. Natürlich standen da auch finanzielle Interessen dahinter. Man muss natürlich miteinkalkulieren, dass hier auch das Disney-Studio hinter diesem Film steht. Das hat natürlich auch ein Interesse daran, dass Walt Disney positiv dargestellt wird.
Zwei Zeitebenen, zwei starke Hauptdarsteller
Klammert man die Verklärung der historischen Fakten aber einmal aus, ist SAVING MR. BANKS ein gut erzähltes Biopic. Zwei Zeitebenen – Travers‘ Kindheit und die Arbeit an dem Film – werden gelungen miteinander verwoben. Tom Hanks und Emma Thompson sind ein großartiges Gespann. Hanks gibt den gutmütigen Studioboss, Thompson die kratzbürstige Australierin, die in allem ein Haar in der Suppe findet. Der Vermittler zwischen beiden Welten ist Ralph, der Fahrer, der Travers immer von Hotel zu den Disney Studios fahren muss. Paul Giamatti passt super auf die Rolle. Es ist schon schade, wenn man erfährt, dass diese Rolle nicht auf historischen Fakten besucht, denn Ralph ist auf der einen Seite ein großer Fan von Walt Disney, auf der anderen Seite entwickelt sich mit der Zeit eine zarte – wenn auch weitestgehend einseitige – Freundschaft mit P. L. Travers. Die Locations sind natürlich der Wahnsinn. Die Dreharbeiten fanden vollständig im Disney Studio bzw. im Disneyland statt, daher mussten Teile des Vergnügungsparks auch während der Dreharbeiten gesperrt werden. MARY POPPINS mit Julie Andrews in der Hauptrolle gilt bis heute als Klassiker des Studios. Im nächsten Jahr wird MARY POPPINS RETURNS mit Emily Blunt als Mary Poppins in die Kinos kommen – produziert natürlich vom Disney Konzern. P. L. Travers würde das wahrscheinlich so gar nicht gefallen.
5/6 bzw. 8/10
Trailer: © Disney Deutschland
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