Mr. Turner (2014)

James Bond und Q sitzen in der National Gallery und starren auf ein Bild. Q erzählt, dass es ihn melancholisch mache und fragt Bond was er in diesem Bild sieht. „A bloody big ship“ antwortet der. Das Bild zeigt William Turners → „The „Fighting Temeraire“ Tugged to her Last Berth to be Broken up„. Es zeigt ein altes Kriegsschiff, dass zum Abwracken gebracht wird – eine ironische Anspielung auf das 50-Jahre-Jubiläum der James Bond-Reihe. Der dazugehörige Maler lebte von 1775 bis 1851 in England und bekam abermals ein filmisches Denkmal gesetzt. Der Film beginnt im Jahr 1826, in dem Turner von einer Belgien-Reise zurück nach London kommt. Haushälterin Hannah (Dorothy Atkinson) und sein Vater William Turner sen. (Paul Jessen) sind erleichtert. Zu beiden hat er ein gutes Verhältnis. William wurde von seinem Vater, einem Barbier, immer unterstützt und gefördert. Turner ist Mitglied der Royal Academy und für seine unkonventionelle Arbeit berühmt-berüchtigt. Er genießt sichtlich die Aufmerksamkeit, lässt aber auch sein Umfeld häufig seine Exzentrik spüren.

© 2014 PROKINO Filmverleih GmbH
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Licht und Farben

Bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes durfte sich Hauptdarsteller Timothy Spall über eine goldene Palme für den besten Hauptdarsteller freuen. Spall, den die jüngeren Kinobesucher als Peter Pettigrew aka Wurmschwanz aus der  HARRY POTTER-Reihe kennen, ist bereits seit über 35 Jahren im Geschäft und häufig auf Nebenrollen gebucht. Völlig zu Recht hat er sich diese Auszeichnung verdient, hat er doch auf Wunsch des Regisseurs zwei Jahre lang malen gelernt um die Rolle glaubhaft spielen zu können. Und das tut er. Er spukt auf die Leinwand, vernachlässigt seine Töchter (Sandy Foster, Amy Dawson) und schläft mit der Haushälterin, wenn ihm gerade danach ist. Gleichzeitig ist er ein liebevoller Ehemann, maßregelt unterhaltsam die Anhänger seiner Kunst und vermacht seine Gemälde lieber der britischen Nation als sie für viel Geld an einen Reichen zu verscherbeln. Spall verkörpert das Sympathische wie das Abstoßende seiner Rolle über alle Maßen gut und dürfte sich hiermit auch für eine Oscar-Nominierung empfehlen. Mit einem simplen Seufzer oder Grummeln schafft er es dem Zuschauer ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern.

Mike Leigh erzählt die letzten 25 Lebensjahre von Joseph Mallord William Turner bruchstückhaft und lose, aber chronologisch. Die Handlung läuft auf keinen Höhepunkt zu, sondern wird schlicht und einfach erzählt. Dies sorgt dafür, das sich die letzte halbe Stunde der 150 Minuten Laufzeit dann aber sehr ziehen. Hier wäre weniger mehr gewesen. denn auch der Turner’sche Humor kann das nicht überbrücken. Auch die politischen Umbrüche und die industrielle Revolution, die Turners Malstil maßgeblich beeinflusst haben, werden nur am Rande thematisiert und sind mehr Teil der Kulisse als Begründung für die Veränderung seines Malstils. Nachdem William Turner häufig Landschaften und Seestücke gemalt hat, werden auch beide Motive im Film immer wieder aufgegriffen. Die roten Sonnenuntergänge und wunderschönen Landschaftsaufnahmen von der See geben dem Zuschauer das Gefühl mit den Augen von Turner die Welt zu sehen.

Gelungenes Biopic (5/6)

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