Midnight Special (OmU, 2016)

MIDNIGHT SPECIAL fand den Weg zu mir durch eine dieser berühmtberüchtigten Vorteilsangebote eines großen Drogeriehandels. Die Filmblogosphäre hatte ihn schon gut besprochen und da dachte ich mir, ich gebe dem Film auch mal eine Chance. Die Filmbloggerkollegen hatten natürlich mal wieder Recht. Vater Roy (Michael Shannon) ist mit seinem Sohn Alton (Jaeden Martell) auf der Flucht. Roy will ihn beschützen und herausfinden, was hinter den außergewöhnlichen Fähigkeiten des Jungen steckt. Was als Flucht vor religiösen Extremisten und vor der Polizei beginnt, wird zur landesweiten Fahndung. NSA-Spezialist Sevier (Adam Driver) will möglichst viel über den besonderen Jungen und seine Fähigkeiten erfahren und nimmt zu diesem Zweck Altons Ziehvater und Sekten-Guru Calvin (Sam Shepard) samt dessen Gemeinde in Gewahrsam, um sie einem Verhör zu unterziehen. Währenddessen setzen Roy und sein Kumpel Lucas (Joel Edgerton) alles daran, Alton vor dem Schlimmsten zu bewahren und ihm dabei zu helfen, sein Schicksal zu erfüllen.

Szenenbild aus MIDNIGHT SPECIAL - Alton (Jaeden Martell) zeigt Sevier (Adam Driver) seine Fähigkeiten. - © Warner Bros.
Alton (Jaeden Martell) zeigt Sevier (Adam Driver) seine Fähigkeiten. – © Warner Bros.

Von der Kunst loszulassen

Jeff Nichols führte nicht nur Regie, sondern schrieb auch das Drehbuch. Dieses entstand nach der Geburt seines ersten Kindes. Mit diesem Hintergrundwissen lässt sich der Film relativ einfach deuten. Die Eltern müssen ihr Kind erwachsen werden lassen, ihm Freiräume geben und ihm etwas zutrauen und ab einem gewissen Zeitpunkt einfach darauf vertrauen, dass es auch alleine in der Welt da draußen zurecht kommt. Sie müssen loslassen. Bei meiner zweiten Sichtung habe ich noch eine weitere Deutungsmöglichkeit gefunden.

Deutung Nr. 2 (enthält Spoiler)

Alton entschwindet nämlich am Ende des Films in eine andere – im wahrsten Sinne des Wortes – überirdische Welt. Man könnte auch sagen, er verschwindet im Himmel. Die Wesen, die ihn abholen, bestehen aus Licht, und es heißt, dass Sterbende kurz vor ihrem Tod ein helles Licht sehen. Für mich war der Film eine Metapher für zwei Eltern, die ihr krankes Kind sterben lassen müssen.

In beiden Fällen ist die Geschichte eine über das Loslassen und die Akzeptanz von Dingen, die außerhalb den eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten liegen.

Szenenbild aus MIDNIGHT SPECIAL - Sarah (Kirsten Dunst) - © Warner Bros.
Sarah (Kirsten Dunst) – © Warner Bros.

Großartig gespielt

Michael Shannon hatte ich eigentlich erst so richtig mit THE SHAPE OF WATER so richtig auf dem Zettel. Und das obwohl er mir in LOVING und BATMAN V SUPERMAN auch schon untergekommen ist. Aber steter Tropfen höhlt den Stein und hier liefert Shannon wirklich eine grandiose, wahnsinnig sehenswerte Leistung. Der liebende, sich sorgende Vater steht ihm auch sehr viel besser als der kriegslüsterne General. Ebenfalls lobend erwähnen muss man Adam Driver, der hier herrlich unaufgeregt und analytisch an den Fall heran geht. Es macht großen Spaß, wenn Alton und Paul Sevier alleine sind. Die verwunderten Blicke von Adam Driver sind schimmerndes Comedy-Gold, wenn z. B. Alton ein parkendes Auto mit seinen Gedanken sowohl öffnen als auch starten kann. Joel Edgerton geht da ein bißchen unter, was eigentlich eher ungewöhnlich ist, denn selbst die kleineren Nebenrollen wie etwa Kirsten Dunst oder Sam Shepard bekommen genug Hintergrundgeschichte um zu glänzen.

Szenenbild aus MIDNIGHT SPECIAL - Alton (Jaeden Martell) - © Warner Bros.
Alton (Jaeden Martell) hat besondere Fähigkeiten. – © Warner Bros.

Spannend erzählt

Hervorzuheben ist neben den starken schauspielerischen Einzelleistungen auch die Narration. Der Zuschauer bekommt zu Beginn nichts erklärt. Er wird direkt in die Situation geworfen und muss selbst interpretieren. Im Fernsehen läuft ein Fahndungsaufruf nach einem Vater, der seinen Sohn entführt haben soll. Im nächsten Moment sieht man genau diesen Vater, der sich fürsorglich um seinen Sohn kümmert. Der Zuschauer erkennt sofort, dass hier etwas nicht zusammenpasst. SO erzählt man Geschichten! So sorgt man dafür, dass der Zuschauer am Ball bleibt. Ebenfalls sehr stark ist der atmosphärische, klavierlastige und trotzdem sehr einfach gehaltene Soundtrack von David Wingo, der mir bei der zweiten Sichtung noch stärker positiv aufgefallen ist. Er zog mich sofort wieder in die Geschichte. MIDNIGHT SPECIAL erzählt einfach eine tolle Geschichte und lässt sich problemlos immer und immer wieder ansehen. Der Film hat das Zeug zum Klassiker.

5.5/6 bzw. 9/10

https://www.youtube.com/watch?v=VnyzX1SiuKo

Trailer: © Warner Bros.

3 thoughts on “Midnight Special (OmU, 2016)

  1. Ich mochte den Film auch sehr. In meiner Wahrnehmung wurde er leider eher schlecht besprochen, was ich sehr schade fand. Freut mich, dass er dir so gut gefallen hat!

  2. Ich kann mich zwar nur noch grob an den Film erinnern, aber ich mochte ihm auch sehr. Muss ich unbedingt mal wieder gucken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert