Es gibt Filme, die einen noch tagelang beschäftigen. Entweder, weil man das Gefühl hat, sie nicht verstanden zu haben, oder weil sie einen emotional bewegen. FRANK gehört zu diesen Filmen. → Die letzte Szene des Films ist seltsam rührend. Michael Fassbender steht da mit eingefallener Körperhaltung, hält ein Mikro in der Hand und besingt weinend in einer heruntergekommenen Kaschemme dreckige Toiletten. Erinnert an SHAME und Carey Mulligans „New York, New York“, nur diesmal eben nicht so glamourös und schick. Irgendwas hat es. Irgendwas Faszinierendes, Trauriges, Melancholie in Filmform.
Was denkt der Kopf im Kopf?
FRANK dreht sich um den Möchtgern-Rockstar Jon (Domnhall Gleeson), der in einem verschlafenen britischen Städtchen und in seinem Job als Büroangestellter versauert. Wind kommt in die Sache als sich der Keyboarder der Band „The Soronprfbs“ im Meer ertränken will und aufgrund Unterkühlung für den nächten Gig ausfällt. Jon springt ein ohne groß zu wissen, worauf er sich einlässt. Völlig entgeistert muss er feststellen, dass der Leadsänger der experimentellen Rockband Frank (Michael Fassbender) die ganze Zeit mit einem überdimensionalen Pappmaché-Kopf herumläuft. Doch Jon hat Glück, denn Frank ist von dem verträumten Nachwuchsmusiker begeistert und nimmt ihn kurzerhand mit in die irische Wildnis um dort gemeinsam mit den anderen Bandmitgliedern ein neues Album aufzunehmen. Doch die anderen Bandmitglieder sind nicht begeistert. Die Drummerin Nana (Carla Azar) und der bassspielende Franzose Baraque (François Civil) können ihn nicht leiden. Aber die undurchsichtige Clara (Maggie Gyllenhaal) hasst den Neuankömmling, da er das fragile Bandgefüge durcheinander bringt. Während für sie die Kunst im Vordergrund steht, hat Jon größere Ambitionen: mit der eigenen Musik berühmt werden. Er veröffentlicht die Probenphase auf Twitter und Facebook und meldet die Gruppe beim prestigeträchtigen „South by Southwest“-Festival an.
Völlig abgedreht. Die Band, die Musik, die Landschaft. Völlig gaga und gerade deshalb zieht einen der Film total in seinen Bann. Durch die nicht vorhandene Mimik von Frank bleibt dieser ein unberechenbares Mysterium. So ist auch der Film. Die Songtexte sind grottig, die Musik auch. Es ist so furchtbar, dass es schon wieder gut ist (→ Frank’s most likeable song). Alles total abgefuckt. Darin liegt die Komik. Es ist ein Film über das Scheitern und der Gewinn, der im Scheitern liegen kann, oder im simplen Nichtaufgeben. Jon gerät in diese undurchsichtige Welt voller verkorkster Musiker, die permanent auf der Suche nach dem großen Wurf sind und diesen doch nicht erreichen, weil sie auf dem Weg dorthin permanent über ihre eigenen Füße stolpern. Psychische Krankheiten sind in dieser Band keine Seltenheit. Und obwohl die Protagonisten von Lenny Abrahamsons Film der Welt entrückt scheinen, sind sie trotzdem ein Teil von ihr. Jons Social Media-Kampagne zündet zwar, aber Ruhm ist flüchtig. Hypes, Klickzahlen und Kommentare bedeuten nichts. Die Menschen sind abgestumpft und nehmen nichts mehr ernst.
Wie Jon beobachtet der Zuschauer dieses bunte Treiben und bildet sich seine Meinung. Nicht selten wechselt sich ein ungläubiges Staunen mit einem lauten Lachen ab. Und daher ist es auch konsequent, dass der Film damit endet, dass Jon die Gruppe wieder verlässt. Er ist, wie der Zuschauer, ein Gast auf Zeit. Einzig kleinere Logiklöcher fallen negativ auf. Die Eltern von Jon scheinen ihren Sohn nicht sonderlich zu vermissen, denn sie lassen ihn einfach mit wildfremden Personen nach Irland oder in die USA fahren ohne mal anzurufen. Auch die mentalen Krankheiten der Bandmitglieder bleiben vage. Warum Frank Deutsch sprechen kann, wie in einer Szene zu hören ist, obwohl er in Texas aufgewachsen ist, bleibt unklar. Aber ganz ehrlich: Wen’s kümmert’s? Begeisterung, Verwirrung, Drama und Spaß haben einen Namen: Frank.
Schräg und emotional (5.5/6)
Trailer: © Weltkino Verleih
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