Damien Chazelle genießt seit seinen Filmen LA LA LAND und WHIPLASH gewisse Vorschusslorbeeren und so war ich auch ziemlich auf seinen neusten Film BABYLON gespannt. Im Zentrum der Geschichte stehen mehrere Personen in der US-Filmindustrie der 1920er Jahre. Manny Torres (Diego Calva), ein ehrgeiziger Schauspieler und Sohn mexikanischer Einwanderer, arbeitet hinter den Kulissen der Traumfabrik. Erst als Assistent des Stummfilmstars Jack Conrad (Brad Pitt), später im Marketing und der Produktion. Immer wieder trifft er dabei auf die aufstrebende Schauspielerin Nellie LaRoy (Margot Robbie). Der Tonfilm wird beim Publikum immer populärer. Während opulente Partys mit Sex, Drogen und Alkohol Hollywood immer noch immer fest im Griff haben, befürchten die Stummfilmstars das Ende ihrer Karriere.
Die schale Geschichte von Hollywood
Chazelle erzählt mit BABYLON eine Geschichte des Umbruchs. Die Filmindustrie ist im Wandel. Der Tonfilm wird zunehmend populärer, was neue Arbeitsplätze schafft, aber auch die Stars der Stummfilmära in Selbstzweifel stürzt. Wolfgang M. Schmitt betont → in seiner Filmanalyse zum Film das durchgängige Thema von Chazelles Filmen: Eine wahrer Künstler muss leiden. Nur dann kann er großartige Kunst erschaffen. Er muss ein Opfer bringen. Dieses Thema zieht sich auch durch BABYLON, in dem fast ausschließlich Figuren auftauchen, die wirklich gewillt sind alles für ihren großen Traum aufzugeben. Trotzdem wirkt die Geschichte unstrukturiert und wirr. In den letzten Minuten des Films macht Chazelle dann nochmal das ganz große Fass auf. Hier wird explizit auf die moderne Filmlandschaft verwiesen, was dann aber nichts mehr mit dem eigentlichen Thema des Films zu tun hat und völlig unnötig ist.
Toby Maguire? Warum?
Obwohl die Figuren allesamt erfunden sind, basieren Sie doch auf realen Vorbildern. Und gerade mit den Figuren hatte ich so meine Probleme. Keine der Figuren ist besonders nahbar. Mit keiner Figur konnte ich mitleiden oder mich mit ihnen identifizieren. Selbst Manny Torres, durch dessen Augen das Publikum viel zu sehen bekommt, konnte mich einfach überhaupt nicht fesseln. Die Faszination für Nelly, die einfach eine menschgewordene, tickende Zeitbombe ist, fand ich übertrieben. Und dann, wenn man nur noch auf das Filmende hofft und glaubt, alles gesehen zu haben, taucht plötzlich auch noch Toby Maguire auf. Warum, weiß kein Mensch. Den komplette Abschnitt, in dem seine Figur auftaucht, hätte man auch gut weglassen können.
Technisch top
Auch wenn mich das Drehbuch im Hinblick auf die Figuren nicht überzeugt hat, fand ich die schauspielerische Seite dahinter wirklich gelungen. Der gesamte Cast spielt wirklich grundsolide. Insbesondere ist aber auch die Ausstattung, die Kostüme von Mary Zophres und die Kamera von Linus Sandgren wirklich fantastisch. Im Soundtrack von Justin Herwitz, der jüngst einen Golden Globe für seine Arbeit bekam, lassen sich teilweise Anleihen von LA LA LAND heraushören. Ansonsten ist der Soundtrack aber bei weitem nicht so eingängig, wie man das beispielsweise von LA LA LAND gewohnt ist. Es ist jetzt schon einige Wochen her, dass ich BABYLON gesehen habe und einen Großteil der Handlung habe ich schnell wieder vergessen. BABYLON ist ein filmisches Kuckucksei. Es tut so als sei es ein Meisterwerk, dass sich mühelos in die Liste der besten Filme der Filmgeschichte einreichen könnte. Ein Meisterwerk ist der Film allerdings nicht.
6.5/10