Im Moment scheint eine Art Sidekick-Verwurstung im Animationsbereich zu herrschen. Im Juli 2015 werden die MINIONS, die süßen Helferlein des Bösewichts Gru aus DESPICABLE ME, ihren eigenen Film bekommen. Doch die Idee ist nicht neu. Aktuell läuft in den Kinos ein Ableger der MADAGASCAR-Reihe, in denen die vier Pinguine unabhängig von der 2008 bis 2013 gelaufenen gleichnamigen TV-Serie mehr Zeit und Raum bekommen. Der Film erzählt zunächst von dem Aufeinandertreffen der Pinguine Skipper (im Original gesprochen von Tom McGrath), Rico (Conrad Vernon) und Kowalski (Chris Miller) mit dem Pinguinbaby Private (Christopher Knights), der schnell Teil der eingeschworenen Gemeinschaft wird. Allerdings sehen die drei älteren Pinguine immer noch ein Baby in ihm und trauen ihm deshalb wenig zu. Doch der Zusammenhalt in der Gruppe ist wichtig, schließlich taucht ein fieser Professor namens Dr. Octavius Brine (John Malkovich, im Deutschen ebenso großartig: Ilja Richter) auf, der alle Pinguine aus sämtlichen Zoos und Naturschutzgebieten zusammensammelt um seinen geheimen Plan durchzuführen. Doch bevor sich die glorreichen Vier ins Abenteuer stürzen können, werden sie von einer geheimen Eliteeinheit namens Nordwind in Schutzhaft genommen. Unter das Kommando von Agent „Geheimsache“ (Benedict Cumberbatch) und seiner gut ausgerüsteten Mannschaft wollen sie sich aber nicht begeben. Sie ermitteln auf eigene Faust und enttarnen Brine als alten Bekannten.
Schnell, abgedreht und unglaublich komisch
Im Vergleich zu den ursprünglichen MADAGASKAR-Filmen ist DIE PINGUINE AUS MADAGASKAR wesentlich überdrehter und damit auch realitätsfremder, sofern das bei einem Animationsfilm überhaupt ein Kriterium ist. Der Film wartet mit den unglaublichsten und unmöglichsten Stunts auf und spielt mit dem Klischee der süßen Pinguine, die es zu retten gilt. Dies sieht man bereits in der Eröffnungssequenz in der ein Dokumentarfilmer betont, wie süß, aber auch hilflos die Pinguine doch seien. Im Original wird diese Szene von Werner Herzog gesprochen, der 2007 tatsächlich einen Film über die Antarktis gedreht hat. Ironischerweise enthält dieser Film ebenfalls wieder einen Sidekick, nämlich die zunächst namenlosen Tintenfisch-Helferlein, die aber nach und nach skurrile Namen bekommen oder eben einen passenden wie z.B. „Nena“, ein Tintenfisch, der mehrere Luftballons zwischen den Tentakeln hält. Der Film spielt mit Elementen der Populärkultur. So kontaktiert der Bösewicht schließlich via Skype seine Gegner, natürlich nicht ohne die für Skype typischen technischen Probleme (Bild ist da, aber kein Ton; Ton ist da, aber kein Bild). Außerdem wird auf Agenten- und Rächer-Filme wie THE AVENGERS in einer Szene Bezug genommen, in der Skipper von seinen Kameraden fordert, sie sollen sich erst ins Getümmel stürzen, wenn sie den maximalen Grad an Coolness erreicht hätten. Dabei fährt die Kamera wie bei der berüchtigten Kampfszene in einem 360°-Radius um sie herum.
Die vierte Wand wird selten durchbrochen, der 3D-Effekt lohnt sich aber trotzdem angesichts der Vielzahl an Actionsequenzen und Gadgets der Nordwind-Crew. Gerade die Stunts, die sich sowohl in der Luft, als auch an Land und im Wasser abspielen, sorgen für genügend Abwechslung und Action. Allerdings strapaziert der Film nicht nur einmal die Grenzen der physikalischen Gesetze und der Narration. Häufig wird eine spannungsgeladene Sequenz konsequent durchgezogen, auch wenn sich hier und da dadurch Logiklöcher ergeben, was schade ist. Die Handlung scheint bei DESPICABLE ME 2 abgeschaut zu sein, wo ebenfalls ein Serum gute Charaktere zu Bösen macht. Natürlich muss man das Rad nicht neu erfinden, aber ein bißchen weniger auffällig Ideen klauen.
Wortspiele wie „You mer-maid my day“, die im Deutschen nicht funktionieren, werden glücklicherweise nicht krampfhaft durch etwas Ähnliches ersetzt, sondern einfach übergangen. Dadurch vermisst man auch nicht viel. Die deutschen SHERLOCK-Fans müssen dagegen leider auf die klanghafte Stimme von Benedict Cumberbatch verzichten, dessen Besetzung bereits vor drei Jahren beschlossen wurde. Man weiß nicht so genau warum, aber in der deutschen Synchronisation wird seine Rolle von Heino Ferch eingesprochen. Offenbar scheint man sich immer noch nicht auf einen Stammsprecher für Cumberbatch geeinigt zu haben. [Die Autorin dieser Zeilen rollt an dieser Stelle genervt mit den Augen. Leute, einigt euch endlich!] Eine weitere bekannte Persönlichkeit ist Conchita Wurst, die der Eule Eva ihre Stimme leiht, was aber kein größeres Problem darstellt (und auch nicht stört), weil sie eh nur vier, fünf Sätze von sich gibt und in der restlichen Zeit einfach nur verführerisch schaut. Laune macht die neuste Dreamworks-Animation in jedem Fall und sorgt sowohl bei Groß und Klein für Lacher und für eineinhalb Stunden beste Unterhaltung.
Stimmungsvolles Feuerwerk (4.5/6)
© Fox Kino Deutschland
Klingt gut. Werde ich mir wohl auch anschauen. Allerdings auf Englisch, damit ich Benedict Cumberbatch auch hören kann. 😉 Und wenn sie sich dann irgendwann auf einen Stammsprecher einigen, dann bitte Tommy Morgenstern.
Hach, endlich! Hab das halbe Netz abgesucht nach dem Nena-Joke und schon fast geglaubt, das Ganze sei Einbildung gewesen. Nena hält ja die Ballons nicht nur, sondern lässt sie auch noch fliegen, um Dave’s Befehl auszuführen 🙂
Keinen Reim konnte ich mir machen auf die Anspielung, dass Classified mit Schweizer Akzent oder gar Schweizerdeutsch spricht. Anspielung auf James Bond’s Mutter?
Freut mich, das du den Weg zu meinem kleinen, aber feinen Blog gefunden hast. Wie gesagt, die deutsche Stimme gefällt mir nicht so gut, weil sie eben nicht an das Original heranreicht. Ob das Schweizer Akzent war, kann ich dir nicht sagen, ich dachte, es wäre “klassisches” Deutsch (oder es gab für die Schweiz noch eine extra Sychro, das kann natürlich sein). Ich hab auch gerade noch mal ins Presseheft reingeschaut, da steht nix zu dem Thema.
Schau mir grundsätzlich äusserst ungern Synchronfassungen an; diesmal gings wegen Kinderbegleitung leider nicht anders.
Wäre möglich, dass wir in der Schweiz nochmal eine leicht andere Synchronfassung haben als in Deutschland. Die Veräppelung von Akzent/Dialekt hab ich mir nicht eingebildet 🙂
Jetzt warten auf DVD mit Originalstimmen, besonders diejenige von Cumberbatch (dessen deutsche Sherlockstimme ja auch gaaaaaar nicht geht!).
Ja, ich finde die Sherlockstimme auch unmöglich. Liebe Grüße in die Schweiz. 🙂
Danke, winke erfreut zurück 🙂 *goes off to listen to original Cumberbatch voice*
Bin auch gerade erst über den Blog hier gestolpert. Schön geschriebenes Review, und so wie Du den Film beschreibst, scheint es ja tatsächlich so zu sein, dass der Film voller Witze steckt, die eher Erwachsene tatsächlich kapieren…Find ich gut!
Die Tintenfische haben deutsche Namen, außer der genannten Nena kann ich mich noch an Helga und Wilhelm erinnern. Vermutlich wurde Nena mit den Luftballons reingenommen, um das unmissverständlich klarzumachen. Worauf das anspielen soll, weiß ich nicht, evtl. auf die James-Bond-Filme, in denen es auch gerne deutsche Bösewichte gibt. Könnte aber auch daran gelegen haben, dass die Tintenfische Teil einer U-Boot-Besatzung waren, und für unsere amerikanischen Freunde gilt die Assoziation U-Boot = Deutsche.
Interessante Idee mit den Bond-Bösewichten und U-Booten. Kann aber auch sein, dass im englischen Original wieder ganz andere Namen verwendet wurden.