Allein schon der Trailer zu DON’T LOOK UP hat gute Laune verbreitet und das Ensemble kann sich durchaus sehen lassen. Der fertige Film konnte meine hohen Erwartungen in jedem Fall erfüllen. Alles beginnt damit, dass die Astronomen Randall (Leonardo DiCaprio) und Kate (Jennifer Lawrence) einen Asteroiden entdecken. Blöderweise rast dieser auf die Erde zu und könnte die Menschheit vernichten. Also beschließen sie die Präsidentin Orlean (Meryl Streep) zu informieren, doch die interessiert sich mehr für Umfrageergebnisse als für das Ende der Menschheit. Um sich dennoch Gehör zu verschaffen, begeben sich Randall und Kate auf Medientour. Das Duo gibt sich redlich Mühe, die Erdbevölkerung auf das drohende Unheil aufmerksam zu machen. Leider sind die Erdenbürger nicht besonders aufmerksam. Sie interessieren sich mehr für die zerbrochene Promiliebe von Sängerin Riley Bina (Ariana Grande) und Rapper DJ Chello (Kid Cudi).
Wissenschaft vs. Realpolitik
Ein so abstraktes Thema wie den Klimawandel (oder auch aktuell die Corona-Pandemie) einschließlich deren Dringlichkeit den Menschen auf Entscheidungsebene zu verdeutlichen, ist momentan an vielen Stellen ein Problem. Wissenschaftlich Forschende werden vielerorts diskreditiert oder ignoriert. Weltweit gibt es Beispiele von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Anfeindungen ausgesetzt sind, einfach nur, weil sie ihre Mitmenschen auf eine Bedrohung hinweisen. Adam McKay hat ja schon mit THE BIG SHORT bewiesen, dass er auch komplexe Themen wie etwa die Finanzkrise so aufbereiten kann, dass sie massenkompatibel sind. Auch DON’T LOOK UP ist keine suptile Satire. McKay holt den Vorschlaghammer raus und knallt dem Publikum alle seine Thesen mit voller Wucht vor den Latz. Wegducken kann man sich da nicht.
Ein Feuerwerk der Referenzen und Querverweise
Inhaltlich steckt wahnsinnig viel in DON’T LOOK UP drin. Immer wieder finden sich Referenzen zur US-Politik der letzten Jahre. Während Meryl Streep eine weibliche Version des 45. US-Präsidenten spielt, was passt, weil Trump ja den menschengemachten Klimawandel stets anzweifelte, spielt Jonah Hill ihren Sohn als Stabschef. Sein ganzer Duktus und auch das Aussehen erinnert sehr an dessen Söhne Eric und Donald Trump Jr.. Beide waren ihrem Vater immer wieder öffentlich zur Seite gesprungen. Auch der Slogan „Don’t look up“ klingt phonetisch schon stark nach „Look her up“ (engl. für „Sperrt sie weg“ – eine Anspielung auf Trumps Gegenkandidatin Hilary Clinton). Dass man hier Leonardo DiCaprio, der sich schon seit Jahren als Umwelt-Aktivist engagiert, auf die Rolle des Wissenschaftlers besetzt hat, wird keineswegs Zufall gewesen sein.
Ensemble in Höchstform
Die Exposition von DON’T LOOK UP dauert ein bißchen und auch im großen Finale hätte man durchaus die eine oder andere Szene kürzen oder streichen können. Diese Längen werden aber durch das grandiose All-Star-Ensemble ausgeglichen. Egal, wohin man schaut, man sieht Talent und große Spielfreude. Da wäre Cate Blanchett als dümmliche TV-Moderatorin, Mark Rylance als mächtiger Tech-Mogul und Ron Perlman als schießwütiger Soldat. Es ist wirklich erstaunlich wie viele Fassetten McKay in seinem Film zum Thema Klimawandel angesammelt hat. Gierige Tech-Konzerne, korrupte Politikerinnen und Politiker, Medien und ihre Agenda und wissenschaftlich Forschende, die gegen diesen Wust an verschiedenen Interessen einfach nicht durchkommen. DON’T LOOK UP ist ein würdiger Jahresausklang und ein Film, der trotz all den überzeichneten Charakteren nachwirkt.
9/10
Danke für das tolle Review! Für mich bestätigt sich: Ansehen!