Nachdem THE POWER OF THE DOG schon zwei Wochen in den Kinos läuft, flimmert das Westerndrama nun auch auf den heimischen Fernsehern bei Besitzerinnen und Besitzer eines Netflix-Accounts. Die Geschichte spielt 1925 in Montana. Die Brüder Phil (Benedict Cumberbatch) und George (Jesse Plemons) Burbank besitzen eine große Ranch. Während Phil mit Strenge und Härte auf der Farm anpackt, will sich George der Kontrolle seines Bruders entziehen. Dies gelingt auch als er die Witwe Rose (Kirsten Dunst) heiratet. Zusammen mit ihr und ihrem Sohn Peter (Kodi Smit-McPhee) bricht auf der Ranch ein neuer Lebensabschnitt an. Phil hält nichts von Rose und nimmt sie als Eindringling. Dies lässt er Peter und Rose in jedem Moment spüren. Allerdings beginnen sich die Machtverhältnisse nach und nach zu verschieben.
Benedict und die Höhepunkte seiner Karriere
In schon fast regelmäßigen Abständen wird behauptet, dieser oder jener Film sei der Höhepunkt von Benedict Cumberbatchs Karriere. Wurde so geschrieben bei THE IMITATION GAME, bei der Mini-Serie PATRICK MELROSE und jetzt reiht sich noch THE POWER OF THE DOG in diese illustre Aufzählung mit ein. Und das zu Recht. Phil ist ein spannender Charakter, der offensichtlich den Frust, die eigene Sexualität nicht ausleben zu können, an anderen auslässt. Ich persönlich mag es ja gar nicht, wenn der gebürtige Brite mit fremden Akzenten spricht und hatte im Vorfeld die Sorge, dass Cumberbatch wieder mal seinen Südstaatenslang herausholt. Ist ja schließlich ein Western. Aber ich fand das dieses Mal ganz angenehm, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass hier gar nicht so viel gesprochen wird. Häufig funktioniert die Kommunikation auch mit fiesen Blicken oder ist musikalischer Natur.
Handwerklich gutes Westerndrama
Apropos Natur. THE POWER OF THE DOG wurde in Neuseeland während der Corona-Pandemie gedreht. Die menschenverlassenen Landschaften, in der mal ein Auto fährt oder eine Kuhherde von A nach B getrieben wird, sind schon fast ein eigener Charakter des Films. Atemberaubend schön. Abzüge in der B-Note gibt es hingegen für den Soundtrack von Jonny Greenwood, der mit seinem dissonanten Klaviergeklimper wohl das Unbehagen der angespannten Situation verdeutlichen will. In der ein oder anderen Szene hätte der Moment aber besser ohne Musikbegleitung funktioniert. Jane Campion thematisiert in ihrem Film immer wieder die Rolle von Männlichkeit. Leider hat man im Mittelteil des Films das Gefühl, als hätte Campion wichtige Szenen weggeschnitten. Plötzlich verstehen sich Phil und Peter ausgezeichnet, obwohl sie sich von Anfang an nicht gut verstanden haben. Diese Transformation verfolgt zu abrupt und ist nicht besonders glaubhaft.
Stärken und Schwächen im Cast
Neben dem furios aufspielenden Benedict Cumberbatch, der hierfür wieder eine Oscar-Nominierung bekommen könnte, gibt es auch noch Jesse Plemons, der dessen Bruder spielt. Allerdings geht Plemons neben Cumberbatch etwas unter, was sicherlich auch seinem recht eindimensionalen Charakter geschuldet ist, den er hier spielt. Auch Kirsten Dunst, die eigentlich solide spielt, bekommt meiner Meinung nach zu wenig zu tun. Spannender ist da noch Kodie Smit-McPhee, der bereits Wild-West-Erfahrung mitbringt (SLOW WEST). Er scheint aufgrund des schlaksigen Körperbaus zunächst nicht in das rückständige Männerbild von Phil zu passen. Dass er aber aufgrund seiner akademischen Ausbildung über Wissen verfügt, das durchaus machtvoll ist, ist die Pointe des Films. In der Wildnis überlebt nicht immer der Stärkste, sondern der Klügste.
8.5/10
Der Film ist aktuell im Kino zu sehen und seit 1. Dezember 2021 auch im Netflix-Abo enthalten.
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