Kindeswohl (2021)

Der Roman KINDESWOHL von Ian McEwan wurde bereits 2017 schon verfilmt. Momentan läuft eine Theateradaption des Romans im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Im Zentrum steht die Familienrichterin Fiona Maye (Julia Wieninger). Sie ist am Londoner High Court regelmäßig mit Rechtsstreitigkeiten betraut, bei der es um den Schutz von Minderjährigen geht. Gerade als ihr Ehemann Jack (Paul Herwig) eröffnet, dass er sexuell unbefriedigt ist und deshalb eine Affäre haben möchte, erreicht Fiona ein Eilantrag. Der siebzehnjährige Adam (Paul Behren) ist an Leukämie erkrankt und wird sterben, sofern er keine Bluttransfusion verabreicht bekommt. Sowohl Adam also auch seine Eltern sind strenggläubige Zeugen Jehovas und lehnen die lebensrettende Maßnahme aufgrund ihres Glaubens strikt ab. Ihre Religion verbietet ihnen, das Leben über den Glauben zu stellen. Fiona beschließt kurzerhand, den jungen Adam persönlich in der Klinik aufzusuchen und verlässt den üblichen Weg ihrer Professionalität, was schwerwiegende Konsequenzen nach sich zieht.

Szenenbild aus KINDESWOHL - Fiona (Julia Wieninger) diskutiert mit Adam (Paul Behren) - © Matthias Horn, 2021.
Fiona (Julia Wieninger) diskutiert mit Adam (Paul Behren) – © Matthias Horn, 2021

Immer noch aktuelles Thema

Über die Rechte von Kindern und Jugendlichen wird viel gestritten. Beispiele gibt es viele. Vor kurzem lag ein Entwurf der Bundesregierung vor, der Kinderrechte künftig auch im Grundgesetz verankern wollte. Anderes Beispiel: Das Bundesverfassungsgericht befand das Klimaschutzgesetz in Teilen als verfassungswidrig, weil Kinder und Jugendliche ein „Recht auf Zukunft“ haben. Auch die Frage der (religiösen) Selbstbestimmung des Einzelnen aus KINDESWOHL lässt sich in abgewandelter Form heute auch bei Angst vor Corona-Schutzimpfungen oder anderen querdenkerischen Verschwörungsthesen in der heutigen Zeit wiederfinden.

Szenenbild aus KINDESWOHL - © Matthias Horn
© Matthias Horn

Spartanische Bühne – Raum für die Geschichte

Die Bühne ist relativ spartanisch eingerichtet. Es gibt ein paar Stühle und eine etwas höhere, rechteckige Lichtbühne auf der eigentlichen Bühne. Viel Requisiten braucht es auch eigentlich gar nicht um Ortswechsel oder Wetter wie Regen darzustellen. Die Darstellenden fungieren immer wieder auch als Erzähler. Am Rand sitzen ein paar Musizierenden, die nicht nur die Szenen musikalisch umrahmen, sondern auch einen Auftritt von Fiona begleiten. Das Rilke-Gedicht „Der Tod ist groß“ ist hier immer wieder Zitat – mal in Worten, mal in vertonter Form. Ich persönlich fand die Beziehung zwischen Jack und Fiona von Julia Wieninger und Paul Herwig nicht besonders gut dargestellt. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich den direkten Vergleich zum Film habe. Emma Thompson und Stanley Tucci waren als Ehepaar nämlich wirklich richtig gut besetzt und insbesondere → das Ultimatum von Jack ist in der Filmversion um Längen besser.

8/10

Bewertung: 8 von 10.

Gesehen am 05.11.2021 im Schauspielhaus in Hamburg

Trailer: Deutsches Schauspielhaus Hamburg

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