Phoebe Waller-Bridge ist mir zuerst durch die Mini-Serie FLEABAG aufgefallen. Diese Mini-Serie umfasst inzwischen zwei Staffeln und auch wenn sich die Fans eine dritte Staffel wünschen, so wird es wahrscheinlich keine geben. Trotzdem gibt es jetzt wieder Fleabag-Nachschub. Die Serie basiert nämlich auf einem Ein-Frau-Theaterstück, das Waller-Bridge selbst geschrieben und gespielt hat. Dieses Stück kommt jetzt noch einmal mittels NT Live weltweit in die Kinos. Fleabag (Phoebe Waller-Bridge) hätte gerne einen Kredit für ihr Café, das sie mit ihrer Freundin Boo betreibt und vielmehr betrieb – denn Boo ist tot. Fleabag erzählt dem Bankangestellten von ihrem Leben. Von ihrer perfekten Schwester, der Großtante, die sich an ihren Vater herangemacht hat und von ihren wechselnden Liebhabern. So bekommt man ein Bild von der neurotischen Londonerin.
Die One-Woman-Show
Das Bühnenbild ist spartanisch. Ein Lichtkegel, ein Stuhl, ab und an Einspieler (Musik oder Gesprächsfetzen). Und natürlich Phoebe Waller-Bridge. Aber mehr braucht es nicht für diesen tragikomischen Abend. Ich vertrete ja seit längerem die Ansicht, dass es für einen gelungenen Abend nicht viel braucht. Im Prinzip braucht es nur einen tollen Erzähler und eine gute Geschichte. Kein gigantisches Bühnenbild, keine opulenten Effekte, nein, einfach nur eine gute Geschichte und einen guten Geschichtenerzähler. Phoebe Waller-Bridge kann spannend und mitreißend Geschichten erzählen und das ist auch der Grund, warum kaum Momente der Langeweile aufkommen. Sie rockt den Abend und meistert mit Witz, Stimmenimitationen und herrlicher Offenheit die Herausforderung.
Die Rolle des Publikums
Was mir wahrscheinlich zum ersten Mal bei einer NT-Live-Übertragung aufgefallen ist, ist die Rolle des Publikums. Fleabag erzählt ja dem Publikum ihre Geschichte, aber angesichts des tosenden Anfangsapplauses ist davon auszugehen, dass viele Zuschauer das Stück oder die Serienadaption schon kannten. Auch bei Szenen, die 1:1 so in der ersten Staffel zu sehen sind, merkte man schon, dass das Publikum geradezu auf die Punchline wartete. Die Anspannung in der Luft überträgt sich auch auf den Kinozuschauer. Auch für Kenner der Serie wird es nicht langweilig, da neue Charaktere auftauchen, die in der Serie gar nicht auftreten, was den Abend auch für mich spannend machte. Bei den diesjährigen Emmys konnte die zweite Staffel gleich sechs Trophäen mit nachhause nehmen und man konnte Phoebe ansehen, wie überrascht sie immer noch über den Erfolg ihres Stücks ist.
5.5/6 bzw. 9/10
Gesehen am 12.09.2019 (Liveübertragung via NT Live)
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