Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass sich in den letzten Jahren Filmemacher wieder dem Porträt von Journalisten zuwenden. Nachdem das Zeitalter der “Fake News” eingeläutet ist und sich Filme wie SPOTLIGHT den aktuellen Journalismus zum Thema nahmen, geht Steven Spielberg zurück in die 70er Jahre. Nach dem Suizid ihres Mannes übernimmt Katharine Graham (Meryl Streep) die Leitung der “Washington Post”. Von den meist männlichen Kollegen wird sie nicht ernst genommen. Zeitgleich spielt der Whistleblower Daniel Ellsberg (Matthew Rhys) dem Konkurrenzblatt, der „New York Times“ geheime Dokumente zu.
Diese beweisen, dass mehrere US-Regierungen die Öffentlichkeit über den Vietnam-Krieg belogen haben. Die „Times“ veröffentlicht einen kurzen Artikel, gibt sich aber dem Gegenwind aus dem Weißen Haus geschlagen und veröffentlicht fortan nichts mehr darüber. Doch Post-Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) hat Blut geleckt. Sein Reporter Ben Bagdikian (Bob Odenkirk) gelingt es Ellsberg aufzuspüren und die sogenannten Pentagon Papers an sich zu nehmen. Die beiden Vollblutjournalisten wollen die Informationen um jeden Preis veröffentlichen. Anwälte und Freunde raten ihnen davon ab. Am Ende liegt die Entscheidung aber bei Katherine.
Unterhaltsame Geschichtsstunde
Es dauert eine Weile bis alle Charaktere eingeführt sind, aber dann entfaltet die Geschichte durchaus eine gewisse Sogwirkung. Die Figuren sind greifbar und sympathisch und so leidet der Zuschauer mit. Natürlich ist die Geschichte recht konventionell erzählt. Sie bedient die zahlreichen Klischees, die Seth Meyers kürzlich in seiner → Parodie „Newspaper Movie“ treffend karikierte.
Die Veröffentlichung der Pentagon Papers, die eigentlich den Titel „United States – Vietnam Relations, 1945–1967: A Study Prepared by the Department of Defense“ trugen, sind neben der Watergate-Affäre und den Enthüllungen von Edward Snowden (siehe auch: CITIZENFOUR) wohl die bekanntesten amerikanischen Polit-Skandalen. Es ist nicht verwunderlich, dass Steven Spielberg Interesse an dem Stoff hatte. Zwischen fantasievollen Geschichten wie E.T. finden sich in seiner Filmografie mit BRIDGE OF SPIES, LINCOLN und MÜNCHEN auch immer wieder Filme mit historischem Kontext. Natürlich weiß jeder Geschichtsinteressierte wie die Sache ausging. THE POST ist nicht unbedingt ein Film, den man gesehen haben muss. Wenn man sich für amerikanische (Medien-)Geschichte interessiert, lohnt sich aber durchaus ein Blick. Besonders die Nähe zwischen Politik und Journalismus wird an vielen Stellen kritisch hinterfragt.
Zeitung ist Teamwork
Der deutsche Titel DIE VERLEGERIN ist irreführend. Es geht nicht nur um die Verlegerin der “Post”. Meryl Streep und Tom Hanks wurden zwar in der Promotion für den Film stark hervorgehoben, dennoch zeigt THE POST die andere Seite. Eine Zeitung zu veröffentlichen, ist Teamarbeit. Darauf legt auch Spielberg großen Wert. Das Lektorat, die Drucker, das Distributionssystem, die Praktikanten, aber auch die Unterstützung des familiären Anhangs wird ausführlich gewürdigt.
Weniger gut kamen dagegen die Kollegen der „New York Times“ weg, was auch → von Journalisten dieser Zeitung moniert wurde. Nachdem die „Times“ die Geschichte zuerst veröffentlicht hatte, war das Risiko einer zweiten Veröffentlichung für die „Post“ wesentlich geringer. Im Film hingegen wird natürlich Spannung aufgebaut, indem man der Handlung mehr Dramatik und Zweifel hinzufügte. Ob das jetzt nötig gewesen ist, darüber kann man sicher streiten, aber dadurch wird THE POST auch nie langweilig. Die Oscar-Nominierung von Meryl Streep für diese Rolle wirkt etwas überzogen. Die Nominierung in der „bester Film“-Kategorie ist allerdings gerechtfertigt. THE POST ist tatsächlich ein starker Ensemblefilm. Der Film endet mit einer Szene, die durchaus Cliffhanger-Charakter hat. Mit einem Verweis auf den Watergate-Skandal. Da wünscht man sich fast eine Fortsetzung.
5/6 bzw. 8/10
Trailer: © Universal Pictures Germany
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