Die Finanzkrise 2008 resultierend aus einer enormen Immobilienblase sowie das schillernde Leben von Brokern an der Wall Street scheint in den letzten Jahren ein gern gewähltes Thema von Filmemachern zu sein. MARGIN CALL oder THE WOLF OF WALL STREET sind wohl die bekanntesten Beispiele der letzten Jahre. Nun also wieder Finanzkrise und diesmal wird die ganze Geschichte in aller Ausführlichkeit einschließlich Spezialbegriffen erklärt. Die Geschichte beginnt im Jahr 2005 in New York. Der Dollar und die amerikanische Wirtschaft stehen da wie eine Eins. An der Wall Street werden immer komplexer werdende Börsen- und Wertpapiergeschäfte in gigantischem Umfang getätigt und keinem fällt auf, dass viele Immobilienfonds ausfallen werden. Doch der Hedgefond-Manager Michael Burry (Christian Bale) erkennt die Gefahr. Er prognostiziert das Platzen der amerikanischen Immobilienblase und den daraus resultierenden Zusammenbruch der Weltwirtschaft. Als Burry vor der großen Katastrophe warnt, will niemand auf ihn hören – zu sicher fühlen sich die Bankenbosse und tun seine Prognosen ab. Daraufhin entwickelt Burry einen perfiden Plan: den „Big Short“. Durch sogenannte „Shortings“, Leerverkäufe von Aktien großer Investmentbanken, wettet er gemeinsam mit weiteren risikofreudigen Spekulanten wie dem idealistischen Trader Mark Baum (Steve Carell), dem geldgierigen Deutsche-Bank-Makler Jared Vennett (Ryan Gosling) und dem früheren Star-Investor Ben Rickert (Brad Pitt), gegen das Finanzsystem, um selbst das große Geld zu machen.
Ich hab’s dir doch gesagt!
THE BIG SHORT ist eine Geschichte über Kapitalisten und Moralisten. Die Kapitalisten – im Film durch Jared Vennett und Michael Burry verkörpert – sehen das Unheil kommen und versuchen Kapital daraus zu schlagen, ganz egal, was der Rest denkt. Die Moralisten, man könnte auch Pessimisten sagen, – im Film durch Ben Rickert und Mark Baum – sehen das Unheil ebenfalls kommen, haben aber moralische Bedenken. Sie wissen, dass ihr Gewinn von den einfachen Leuten bezahlt wird. Brad Pitt fragt in seiner Rolle zwei Nachwuchsbroker, die ebenfalls gegen den Dollar wetten: Wisst ihr eigentlich, dass ihr gegen die amerikanische Wirtschaft gewettet habt? Und die beiden Nachwuchsbroker lachen und zucken mit den Schultern.
Diese „Ich hab’s dir doch gesagt“- Mentalität überträgt Regisseur Adam McKay auch auf seinen Film. Es gibt Momente im Film, wo Popsternchen wie Selena Gomez oder Schauspieler wie Margot Robbie (im Schaumbad???) irgendwelche komplizierten Broker-Begriffe erklären. Dabei schauen sie direkt in die Kamera und durchbrechen damit die vierte Wand. Diese Sequenzen haben leider aber auch etwas Belehrendes. Wie „Finanzkrise für Dummies“. Als würde der Film sagen: „Passt auf, ihr Dummköpfe. Jetzt erklären wir euch Kapitalismus.“ Manchmal nutzt der Regisseur einfach nur Fotos, die in Diashow-Manier dem Zuschauer präsentiert werden und zum Assoziieren anregen. McKay hat sich nicht für eine klare Linie entschieden, sondern wechselt Stilmittel nach Belieben. Dadurch wirkt der Film an manchen Stellen etwas überladen. Das kann man bemängeln, wenn man will, passt aber gut zur undurchsichtigen Finanzwelt.
Ambitioniertes Projekt mit starkem Cast
Ganz einfach war das Projekt sicher nicht, denn das Geschäft der Banken mit seinen Spezialbegriffen und Fachausdrücken ist einfach unfassbar trockener Stoff. Dennoch spürt man in jeder Szene, dass die Filmemacher dem Zuschauer wirklich etwas beibringen wollten. Etwas verwirrend ist es aber, dass Christian Bale bei jeder zweiten Preisverleihung für diesen Film nominiert wird, denn die eigentliche Traumleistung liefert hier Steve Carell ab, der abermals beweist, dass er auch abseits des Comedy-Genres glänzen kann (siehe hierzu auch FOXCATCHER). Er ist derjenige, der die unbequemen Fragen stellt, der verzweifelt ist und fassungslos vor grinsenden, stinkreichen Brokern steht und sich fragt, wie es nur soweit kommen konnte. Ryan Gosling gelingt es nicht so ganz einen überzeugenden Fiesling zu geben. Wenn er einen Milliarden-Scheck in Händen hält und sagt, man müsse ihn ja nicht mögen, er sei nicht der Held der Geschichte, dann mag man ihn trotzdem. Vielleicht liegt das auch daran, dass er den Film eröffnet und sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht. Neben aufdringlichem Product-Placement von Red Bull (oder trinken Trader einfach viel von der Brühe? Ich kenn mich da nicht aus.) und oben erwähnten Stilbrüchen ist THE BIG SHORT aber großartige Unterhaltung, die niemals langweilig wird. Witzig und tragisch zugleich.
(5/6)
Trailer: © Paramount Pictures
Stimme zu! Steve Carell ist wirklich groß gewesen.
Und wie fandest du Christian Bale. Fandest du seine vielen Nominierungen denn gerechtfertigt? Oder meinst du, Steve Carell hätte statt seiner mehr gewürdigt werden müssen?
Ich fand Carell eindeutig besser als Bale.
Okay. Das ist doch mal eine Aussage☺ Habe den Film noch nicht gesehen, kann mir also kein Urteil bilden. Ich bin aber eigentlich meist von Christian Bales Auftritten begeistert. Deshalb frage ich ☺