Er ist der Meister der dialogreichen Drehbücher: Aaron Sorkin. Den Drehbuchautor von Filmen wie THE SOCIAL NETWORK oder STEVE JOBS zog es nun zum ersten Mal in den Regiestuhl. Der Stoff bot sich an, Molly Bloom kam nämlich offensiv auf Sorkin zu (yeah, Wortspiel) und schrieb das Drehbuch zu MOLLY’S GAME.
Blooms Wunschkandidatin Jessica Chastain sagte ebenfalls zu und schlüpfte in die Rolle der talentierten Skifahrerin. Trainiert von ihrem Vater (Kevin Costner) ist sie die große US-Hoffnung bei den Olympischen Spielen. Nachdem sie sich schwer verletzt, muss sie ihre Sportkarriere aufgeben. Auch ihr geplantes Jurastudium schmeißt Molly wenig später hin und landet über Umwege in der Welt des Underground-Pokers. Als sie ihr Boss Dean Keith (Jeremy Strong) feuert, startet sie kurzerhand ihr eigenes Pokerturnier. Dank dem Spieler Player X (Michael Cera), der prominente Schauspieler und Geschäftsmänner anzieht, kann Molly bald auf ein hochrangiges Klientel zählen. Leider mischt sich bald auch die russische Mafia unter die Spieler. Dadurch findet das große Geschäft irgendwann ein jähes Ende. Molly wird vom FBI verhaftet. Nachdem schon mehrere Anwälte abgesagt haben, wendet sie sich Strafverteidiger Charlie Jaffey (Idris Elba).
Solides Erstlingswerk
MOLLY’S GAME müsste eigentlich ein cineastisches Meisterwerk sein. An dieser Formulierung lässt sich aber schon ablesen, dass der Film das wohl nicht ist. Eines vorweg: Sorkins Regiedebüt ist nicht schlecht. Die Story unterhält und bis auf einige Längen ist das ein solides Erstlingswerk. Das Ensemble neben Idris Elba und Jessica Chastain ist erstklassig, auch wenn sie nicht immer erstklassig eingesetzt werden.
So leitet ein langweiliges Voice-Over von Chastain in die Geschichte ein. Weil Molly Bloom stark in die Dreharbeiten eingebunden wurde, ist der Film auch → weitestgehend historisch korrekt, sofern man das noch nachvollziehen kann. Die größte künstlerische Freiheit nahm sich Sorkin bei Blooms Anwalt Charlie Jaffey. Der ist komplett erfunden. Sorkin hatte im Vorfeld auch keine Anstalten gemacht, den echten Anwalt von Molly kennenzulernen. Handwerklich ist der Film gut gemacht. Die Kamera von Charlotte Bruus Christensen (FENCES, AM GRÜNEN RAND DER WELT) ist nah am Geschehen. Auch die Musik von Daniel Pemberton kann sich abermals hören lassen.
Molly, das Mysterium
Mein Problem ist, dass ich nicht das Gefühl habe, die Hauptfigur in MOLLY’S GAME zu verstehen. Sie bleibt unnahbar, ein Mysterium. Ich weiß nicht, ob das von vornherein so geplant war. Jessica Chastain kann solche Figuren auch fantastisch spielen und doch bleibt am Ende des Kinobesuchs ein großer Zweifel an der Authentizität. Der Film liefert eine Erklärung für Mollys Hang zum Glücksspiel.
Es gibt diese Szene, in der ihr Vater aus dem Nichts auftaucht und mit ihr über vergangene Zeiten redet. Es gehe ihr um die Dominanz über Männer schlussfolgert Kevin Costners Figur, die nicht nur ihr ehrgeiziger Trainer, sondern auch Psychologe ist. Die Dominanz und die Macht wolle sie, weil der Vater damals ihre Mutter betrogen habe. Bei dieser Analyse passt alles ein bißchen zu gut zusammen. Sorkin nimmt den Zuschauer in diesem Moment zu sehr an die Hand. Der Daddy-Komplex, den Molly laut Sorkins Drehbuch ja offenbar hat, untergräbt den Versuch eine selbstbewusste, starke Frau zu porträtieren. Am Ende weiß man aufgrund der widersprüchlichen Aussagen nicht ganz, was Sorkin sagen will.
4/6 bzw. 7/10
Trailer: © SquareOne Entertainment
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