Mary Magdalene (OmU, 2018)

Verfilmungen von Geschichten aus der Bibel tendieren dazu, zu pathetisch oder zu monumental zu wirken. Gerade Ridley Scotts EXODUS habe ich noch in (unguter) Erinnerung. Einen Gegenentwurf bietet Garth Davis’ Interpretation der Geschichte der ersten Zeugin von Jesus’ Auferstehung. In MARY MAGDALENE spielt Rooney Mara die junge Maria, die in einem Fischerdorf als Geburtshilfe arbeitet. Ihr Vater möchte seine Töchter schnellstmöglich verheiraten, doch sie verschmäht den potenziellen Ehemann und fällt damit bei ihrer Familie in Ungnade. Als der charismatische Jesus von Nazareth (Joaquin Phoenix) in der Nähe zu den Menschen spricht, ist sie von dessen Botschaft begeistert. Auch seine Fähigkeit, Kranke zu heilen, beeindruckt die Frau sehr. Maria entschließt sich, ihrer Arbeit, der Familie und ihrer Heimat den Rücken zu kehren und sich Jesus und seinen Jüngern anzuschließen. Jesus betont in seinen Reden immer wieder, dass die Welt sich im Wandel befindet und althergebrachte Hierarchien aufgebrochen werden. Petrus (Chiwetel Ejiofor) und Judas (Tahar Rahim) sind zunächst nicht davon begeistert eine Frau in ihre Reihen aufzunehmen, lernen Maria aber zu schätzen. Zusammen begeben sie sich auf eine Reise zum Passahfest nach Jerusalem.

Szenenbild aus MARIA MAGDALENA - MARY MAGDALENE - Jesus (Joaquin Phoenix) tauft Maria Magdalena (Rooney Mara) im Fluss - © Universal Pictures
Jesus (Joaquin Phoenix) tauft Maria Magdalena (Rooney Mara) – © Universal Pictures

Bodenständige Bibelfigur

Regisseur Garth Davis inszeniert die Geschichte um die biblische Figur sehr bodenständig. Auf effekthascherische Bilder wird verzichtet. Das heißt aber nicht, dass MARY MAGDALENE “Wunder” ausklammert. Im Detail wird die Heilung einer Blinden und die Erweckung eines Toten gezeigt. Dennoch wirken solche Szenen tatsächlich glaubwürdig und das Verhalten der Menschen, die solche Wunder miterleben, ist tatsächlich nachvollziehbar. So bildet sich um Jesus ein Pulk – alle wollen den Heiland anfassen und geheilt werden. Gleichermaßen sorgt diese Erzählweise auch dafür, dass Dynamiken in der Gruppe besser herausgearbeitet werden. Jeder Jünger projiziert andere  Hoffnungen auf den Anführer. Vom Sieg über die römischen Besatzer über das Schaffen einer neuen Welt, eines Königreichs der Gläubigen, sind sämtliche Motivationen vertreten. Dazwischen wirkt Maria Magdalena wie ein Ruhepol. Sie mahnt zum wahren Glauben und zum Mitgefühl. Maria behält den Überblick, ordnet ein und hört zu – eine stark gespielte Frauenrolle.

Judas (Tahar Rahim) und Maria Magdalena (Rooney Mara) – © Universal Pictures

Starke Hauptrollen

Das liegt in erster Linie auch an Rooney Mara, die auch ohne viel Text glaubhaft die Hauptrolle verkörpert. Sie spielt Maria als empathische Frau, die durch eine spirituelle Reise ihre Bestimmung findet.  Doch auch ihr Co-Star begeistert: Joaquin Phoenix‘Jesus ist genau das Gegenteil: Er kennt seine Bestimmung und sein Schicksal  und weiß, wie es für ihn enden wird. Trotzdem vertritt er seine Botschaft vehement und voller Eifer. Es wäre leicht gewesen aus der Beziehung der beiden eine Liebesbeziehung zu machen, aber Davis hat zwei fantastische Hauptdarsteller an der Hand, die auch ohne Romantik den Respekt der beiden Figuren füreinander verdeutlichen. Chiwetel Ejiofor als Petrus und Tahar Rahim als Judas geraten hingegen sehr in den Hintergrund. Bei dem Talent der beiden fast schon Verschwendung. Zudem gerät die fließende, ruhige Erzählweise an manchen Stellen etwas ins Stocken. In diesen Momenten kann man dann dem wunderschönen, aber leider letzten Soundtrack des im Februar 2018 verstorbenen Isländers Jóhann Jóhannsson lauschen.

4.5/6 bzw. 7.5/10

MARIA MAGDALENA (OT: MARY MAGDALENE) erscheint am 19.07.2018 auf DVD und Blu-ray. Zur Erstellung der Kritik wurde mir vom Universal Pictures freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf meine Wertung.

Trailer: © Universal Pictures Germany

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