Mauern, Zäune, Abgrenzungen sind allesamt Symbole unserer Zeit. Mauern sollen illegale vorwiegend mexikanische Immigranten abhalten, europäische Zäune arabische und afrikanische Flüchtlinge, tagtäglich werden Abgrenzungen gemacht zwischen „denen“ und „uns“. Von Grenzen erzählt auch das Theaterstück „Fences“, das von Denzel Washington im letzten Jahr auf die große Leinwand gebracht wurde. FENCES spielt im Pittsburgh der 50er Jahre. Der afroamerikanische Müllmann und Ex-Baseballspieler Troy Maxson (Denzel Washington) beklagt immer noch, es als Sportler nie dahin geschafft zu haben, wo er hinwollte. Ehefrau Rose (Viola Davis) besänftigt ihn und erträgt seine Launen.
Sohn Cory (Jovan Adepo), ein Teenager mit Ambitionen auf eine Footballkarriere, bekommt die ebenfalls häufig zu spüren. Troy hält die Träume seines Sohnes für unrealistisch und projeziert seine eigenen Enttäuschungen auf die mögliche Sportkarriere von Cory. Lyons (Russell Hornsby), Troys Sohn aus seiner vorherigen Ehe, ist 34 und Jazzmusiker. Er wird von seinen Eltern gelegentlich finanziell unterstützt. Troys jüngerer Bruder Gabriel (Mykelti Williamson), ein Kriegsveteran, der nach einer Kriegsverletzung eine Metallplatte im Kopf hat und den Intellekt eines Kindes besitzt, schaut ebenfalls öfters vorbei. In seiner Freizeit baut Troy einen Zaun im Garten hinter dem Haus. Als Troy eine fragwürdige Entscheidung trifft, droht die Familie auseinanderzubrechen.
FENCES ist schwere Kost
Denzel Washingtons dritter Spielfilm ist zu Beginn echt schwere Kost. Das liegt weniger an einer drastischen Geschichte, sondern vielmehr an der Häufigkeit der gesprochenen Worte. Es wird nahezu ununterbrochen geredet und die wenigen Ortswechsel verweisen auf die Vorlage des Theaterstücks von August Wilson.
Die Broadway-Wiederaufführung von FENCES, ebenfalls mit Denzel Washington und Viola Davis in den Hauptrollen, gewann im Jahr 2010 drei Tony-Awards: für die beste Wiederaufführung, die beste Schauspielerin und den besten Schauspieler. August Wilson schrieb bereits vor seinem Tod im Oktober 2005 das Drehbuch für Washingtons Adaption. Das brachte ihm eine posthume Oscar-Nominierung als bester Drehbuchautor bei den Oscars 2017 ein. Washington hatte zwar auch ein paar Worte ergänzt, aber stellte fest: „So ein Drehbuch enthält 25.000 Wörter, davon stammen 24.900 von August Wilson. Ich habe hier und da vielleicht eine Zeile ergänzt, aber alles in allem sind es Augusts Worte, die man in diesem Film hört.“
Der Anti-Held und seine Frau
Dieser Troy Maxson ist kein strahlender Held. Er hat Fehler, will seine Familie beschützen, kann aber nicht aus seiner Haut. Von seiner Familie wird er als unantastbar wahrgenommen, weil insbesondere Cory und Rose spüren, wie sehr sie von ihm abhängig sind. Rose ist daher über weite Strecken des Stücks eher passiv.
Interessant wird es, wenn Viola Davis‘ Rose aus der Passivität ausbricht und verheult, wütend und enttäuscht ihrem Mann die Meinung geigt. Man spürt in diesem Moment förmlich die jahrelang unterdrückten Emotionen einer Frau, die ihren Mann immer bereitwillig bei allem unterstützt hat. Allein schon für diese Szene hat sie den Oscar mehr als verdient.
Aber nicht nur Rose überzeugt. Es ist es immer spannend, wenn jemand Troy dessen Entscheidungen oder Integrität infragestellt. Von diesen Auseinandersetzungen gibt es in FENCES ein paar, die ebenfalls oscarverdächtig wären. Man merkt, dass die Schauspieler bereits durch das Theaterstück ihre Rollen gut kennen und genau wissen, was sie tun. Die kleineren narrativen Längen kann man vernachlässigen. Denzel Washington hat ein packendes, wortgewaltiges Drama auf die Leinwand gebracht. Die schauspielerischen Leistungen sind durch die Bank große Klasse und kommen durch zahlreiche Großaufnahmen der Gesichter gut zur Geltung.
5.5/6 bzw. 9/10
Trailer: © Paramount Pictures Germany
Ich fand den Film auch großartig und sehr schade, daß Washington dafür keinen Oscar bekommen hat!