Der Fall könnte nicht aktueller sein. Seit dem Auftauchen der Kunstwerke des Cornelius Gurlitt ist das Thema NS-Raubkunst wieder in aller Munde (→ Süddeutsche-Artikel zum Fall Gurlitt). Circa 600.000 Kunstwerke sollen dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen sein, ca. 10.000 sollen sich aktuell in Privatbesitz und öffentlichen Sammnlungen befinden. Zu beweisen, dass man der rechtmäßige Eigentümer des Kunstwerks ist, erweist sich als langwieriger und schwieriger Prozess. Für besonderes Aufsehen sorgte der Fall von Maria Altmann, den Regisseur Simon Curtis nun verfilmt hat. Ihre Geschichte beginnt 1998 in Los Angeles. Nach der Beerdigung ihrer Schwester findet die jüdische Auswanderin Maria Altmann (Helen Mirren) im Nachlass ihrer Schwester Unterlagen über den Verbleib von Gemälden des österreichischen Malers Gustav Klimt (Moritz Bleibtreu). Altmann wird mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Österreich gelang der Jüdin die Flucht, litt aber immer darunter, den Rest ihrer Familie zurückgelassen zu haben. Altmann bittet den Sohn ihrer Freundin, Randol Schoenberg (Ryan Reynolds) die Unterlagen durchzusehen. Dieser erhofft sich aufgrund des hohen Streitwerts eine ordentliche Provision für sich und damit auch seine Frau Pam (Katie Holmes). Doch mit der Zeit entwickelt sich eine Freundschaft zur resoluten Dame und Schoenberg setzt sich für sie ein, damit ihr Gerechtigkeit erfährt. Er ist der Enkel des bekannten jüdischen Pianisten → Arnold Schönberg, der 1933 in die Vereinigten Staaten emigrierte. Doch die österreichische Regierung ist unerbittlich. Sie möchten das Gemälde nicht an Altmann übergeben. Hilfe erfährt das ungleiche Paar von Hubert Czernin (Daniel Brühl), einem österreischischen Publizisten, der Altmann und Schoenberg immer wieder Mut zuspricht.
Maria Altmann gegen den Staat Österreich
Wer den Film im Original sieht, hört Helen Mirren ein paar Mal Deutsch sprechen, zwar mit Akzent, aber als Auswanderin sei ihr der zugestanden. Starke Frauen zu portraitieren, kann sie mittlerweile im Schlaf. Den Kampfeswillen ihrer Figur verkörpert sie ebensowie glaubwürdig wie die kleinen Macken von Altmann. So stopft sie Schoenberg gerne mit Essen voll oder putzt ungefragt dessen verdreckte Brille. Im Gegenzug gibt Ryan Reynolds den unbeholfenen, aber selbstbewussten Rechtsanwalt, der eine schauspielerisch wechselhafte Darbietung abliefert. Besser ist dann doch Daniel Brühl, der als Unterstützer und Freund eine gute Figur macht, auch wenn dessen Motivation nicht einwandfrei geklärt wird. In Nebenrollen sind weitere deutsche oder deutschsprachige Schauspieler zu sehen wie z.B. Tom Schilling oder Nina Kunzendorf. Gedreht wurde hauptsächlich an Originalschauplätzen in Los Angeles, London und Wien.
Kitschiges Ende
In Rückblenden wird die Geschichte von Maria Altmann und ihrem Verhältnis zu ihrer Tante Adele Bloch-Bauer (Antje Traue) und ihre Flucht aus dem von Nazis besetzten Wien erzählt. Musik und Orte bilden hierbei immer die Übergänge zu Erinnerungen und dem Zurückkommen in die Gegenwart. Gerade das Filmende versinkt aber zu sehr im Kitsch. Hier wird noch einmal mächtig auf die Tränendrüse gedrückt, was eigentlich völlig unnötig ist, weil die spannende David-gegen-Golitath-Geschichte genug Stoff zum Einfühlen bietet. Maria Altmann läuft durch die Wohnung ihrer Kindheit und setzt sich mitten in ihre Erinnerung. Auch dass sie überall ihre Tante sieht, ist zu melodramatisch. Altmann starb 2011. Schoenberg arbeitet immer noch als Anwalt und engagiert sich als Präsident des → Los Angeles Museum of the Holocaust.
Spannende, wenn auch etwas kitschige David-gegen-Goliath-Geschichte (4.5/6)
© Titelbild und Trailer: SquareOne Entertainment