Ich war skeptisch. Und diese Skepsis konnte diese Neuinterpretation von THE LION KING auch nicht gänzlich ausmerzen. Jon Favreau geht mit seiner Neuauflage des Zeichentrickklassikers THE LION KING aus dem Jahr 1994 auf Nummer sicher. Die Geschichte ist immer noch die Gleiche: Der Löwenprinz und zukünftige Thronfolger Simba hält seine Eltern Mufasa (James Earl Jones) und Sarabi (Alfre Woodard) ordentlich auf Trapp. Simba kann es kaum erwarten endlich König zu werden und das Land zu regieren. Sein machthungriger und skrupelloser Onkel Scar (Chiwetel Ejiofor) sieht in Simba aber ein Hindernis auf seinem Weg zum Thron. Hinterlistig ermordet er Mufasa, bevor Simba alt genug ist, um selbst regieren zu können. Er überzeugt Simba, dass er schuld am Tod seines Vaters ist und Simba flüchtet. Dabei trifft er auf das Erdmännchen Timon (Billy Eichner) und das Warzenschwein Pumbaa (Seth Rogen). Sie nehmen sich dem jungen Löwen an und ziehen ihn auf. Als Simba erwachsen ist, muss er sich abermals seinem Onkel stellen.
Ein Hindernis, der Fotorealismus
Auch wenn es natürlich wahnsinnig beeindruckend ist was die moderne Computeranimation alles zustande bringt, so fehlt es den Figuren trotzdem an Tiefe. Gerade die Emotionen der Charaktere kommen nicht gut rüber. Aufgrund der fotorealistischen Darstellung der afrikanischen Tierwelt haben diese keine menschlichen Züge mehr, weil dies ja unnatürlich wirken würde. Hier zeigt sich die große Stärke der Zeichentrickversion aus dem Jahr 1994. In der Zeichentrickversion wundert man sich auch nicht, dass die Hyänen im Gleichschritt vor Scar herumtanzen und auch nicht, dass Simba erschrocken oder traurig schaut. Der Zuschauer braucht emotionale Referenzpunkte um die Motivation der Figuren zu verstehen. Diese Emotionen lassen sich aber nur in den Extremen (Anspannung, Wut ⇔ Entspannung, Freude) wirklich gut mit den tierischen Avataren abbilden. Darauf ist die Geschichte aber nicht ausgelegt. Der Film steht sich diesbezüglich selbst im Weg.
Seichte Unterhaltung
Die Landschaftsaufnahmen sind wirklich atemberaubend. Auch die Tiere, die allesamt computeranimiert sind, sorgen für großes Staunen. Die Neuauflage von Disneys Zeichentrickklassiker ist nett. Sie ist gefällig. Sie merzt sogar → einige inhaltliche Fehler der Zeichentrickversion aus, aber letzten Endes wird wenig von diesem Film hängen bleiben. Er hat einfach nicht die Wucht, die die Vorlage hatte. Szenen, die sich ins kollektive Gedächtnis eingegraben haben, wie etwa Simba, der seinen toten Vater beweint, wirken trotz “realer Figuren” flach und emotionslos. Hans Zimmer, der seinen bislang einzigen Oscar dem Score zu dem 1994er-THE LION KING verdankt, durfte hier wieder den Soundtrack übernehmen. Auch 25 Jahre später entfaltet der zwar wieder seine Wirkung, aber selbst die schönste Tonspur kann fad wirken, wenn die Bildebene nicht perfekt ist. Dieses Gefühl hatte ich mehrmals. Es gibt auch ein neues Lied zu hören und zwar den Beyoncè-Song “Spirit”, der überhaupt nicht zum Rest zu passen scheint.
Stimmlich und musikalisch
Ich finde es wahnsinnig schade, dass man aus dem großartigen Casting von John Oliver nicht mehr gemacht hat. Ihm merkt man stark an, dass er nicht von der Leber weg reden konnte. Zumindest die Ansätze eines 20-minütigen Vortrags über die Probleme im geweihten Land hätte ich mir da schon gewünscht. Die Einzigen, die stimmlich wirklich großen Spaß machen, sind Billy Eichner und Seth Rogen als Timon und Pumbaa. Insgesamt war es auch positiv, dass Timon und Pumbaa zwar als Duo angelegt sind, aber dennoch auch mit anderen Tieren interagieren. Die meisten Lacher haben sie ebenfalls auf ihrer Seite. Als Timon und Pumbaa die Hyjänen ablenken, singt Timon → “Be our guest” (bekannt aus DIE SCHÖNE UND DAS BIEST). Ein netter Gag, aber auch die unterschwellige Erkenntnis, dass Disney momentan nichts Neues zeigen, sondern nur noch sich selbst zitieren kann.
4/6 bzw. 6.5/10
1 thoughts on “The Lion King (O, 2019)”