Wie schade! Der Film kam in Deutschland nur als Direct-to-DVD-Version auf den Markt, was angesichts der Bildgewalt der tasmanischen Landschaft und der packenden Story eigentlich ein cineastisches Unding ist. Denn es ist klar, der Film gehört eigentlich auf die große Leinwand. Der Söldner Martin David (Willem Dafoe) soll für ein einflussreiches Biolabor DNA-Proben des Tasmanischen Tigers besorgen. Dieser gilt als ausgestorben, allerdings gab es immer wieder Sichtungen, und wer zuerst kommt, mahlt ja auch bekanntlich zuerst. Und so reist David nach Tasmanien und kommt bei der alleinerziehenden Mutter Lucy Armstrong (Frances O’Connor) und ihren Kindern Sass (Morgana Davies) und Bike (Finn Woodlock) unter. Lucy liegt den ganzen Tag medikamentös bedingt nur im Bett, weil sie psychisch angeschlagen ist. Ihr Mann Jarrah war in der Wildnis unterwegs und kam seitdem nicht mehr zurück. Die Kinder sind sehr selbstständig und neugierig über ihren neuen Gast und haben keinerlei Berührungsängste. Um nicht aufzufallen tarnt sich David als Unimitarbeiter, der den Tasmanischen Teufel erforschen möchte. Wildführer und Freund der Armstrongs Jack Mindy (Sam Neill) zeigt ihm bei seiner ersten Wanderung den Weg. Während sich Markus auf die Suche nach dem Tiger macht, gerät er in einen Kampf zwischen lokalen Waldarbeitern, die ihren Lebensunterhalt mit dem Roden des Waldes verdienen, und einer Gruppe Naturschützer, bei dem schließlich Menschen sterben.
Jagd auf den Tasmanischen Tiger
Inoffizieller Hauptdarsteller dieses Films ist definitiv die tasmanische Wildnis. Nicht umsonst wurde diese einzigartige Landschaft 1982 zum UNESCO-Welterbe erklärt. Ähnlich wie im Film wurde im Juni 2014 von der Regierung geplant eine Teilfläche zur Holzgewinnung zu roden, was allerdings seitens der UN verhindert wurde. Der Regenwald und die endlosen Weiten des Sumpflandes bieten die perfekte Location für einen Thriller wie diesen. Regisseur Daniel Nettheim findet dabei eine ruhige Bildsprache, in der es auch mal minutenlang nur hübsche Landschaft, Wind- und Tiergeräusche zu sehen und zu hören gibt. Das muss man aushalten können. Und gerade das Publikum der aktuellen Actionfilme und Thriller kann das in der Regel nicht. Aber gerade das macht diese ganz besondere Atmosphäre des Films aus. Wie ein Jäger legt sich auch die Narration des Films auf die Lauer. Der Zuschauer beobachtet. Er beobachtet sein Umfeld. Wo ist die Beute? Er sieht diese wunderschönen Sonnenaufgänge im Zeitraffer, der Schnee, der plötzlich aus dem Nichts auf den Protagonisten niedergeht, die Sümpfe und Seen.
Zwischenmenschliches auf der Jagd
Und dann ist da noch Willem Dafoe, der mit wachem Blick seinem Job nachgeht. Doch je länger seine Figur in Tasmanien verweilt, in der einsamen Gegend, in der es kaum Fremde hinverschlägt, je mehr ändern sich seine Prioriäten. Irgendwann geht es nicht mehr um den Tiger, auch nicht um die Waldarbeiter und Naturschützer. Es geht um das Elementarste: das Leben selbst. Um sein Leben. Die Familie Armstrong bildet plötzlich einen neuen Lebensmittelpunkt. Bei Frances O’Connor und derart talentierten Nachwuchsdarstellern wie Morgana Davies und Finn Woodlock ist das auch kein Wunder. Die muss man einfach gernhaben. Die Jagd nach dem Tiger wird nicht mehr so wichtig. Es geht um Zwischenmenschliches. Um denen Hilfe zukommen zu lassen, die sie benötigen. Da wirken schon ein reparierter Stromgenerator oder ein Bad in der Wanne Wunder. Ebenso wie seinen Protagonisten muss der Film diesen Zustand korrigieren. Gefühlsduselei ist nicht von Vorteil, wenn es um das große Geld geht. Der Arbeitgeber von Martin ruft an. Er solle Ergebnisse liefern. Also macht er sich wieder auf in die Wildnis. Und der Zuschauer geht mit. In die Einöde, dort, wo der Tiger wohnt.
Atmosphärischer Thriller mit einem fantastischen Cast (5/6)
Trailer: © Ascot Elite