Von Billy Wilders BOULEVARD DER DÄMMERUNG habe ich zuerst in einigen Kritiken zu MAPS TO THE STARS gelesen. Nachdem mir Cronenbergs satirisches Drama über die Schattenseiten von Hollywood gut gefallen hat, stand Wilders Film fortan auf meiner konstant wachsenden To-watch-List. Abgesehen davon hatte ich noch nichts von diesem Film gehört. Ich war so unvoreingenommen, wie man nur sein kann. Und hinterher war ich echt begeistert. Der Ton des Films wird bereits in der ersten Szene deutlich. Ein toter Mann liegt im Swimmingpool. Der Mann ist Joe Gillis (William Holden), der nun dem Zuschauer erklärt, wie es soweit kam. Gillis lebt als mittelloser Drehbuchautor in Hollywood. Die Produzenten verabscheuen seine Drehbücher genau wie die Produktionsassistentin Betty Schaefer (Nancy Olsen), die Gillis bei einem Produzenten trifft. Als dann auch noch Gläubiger sein Auto pfänden wollen, gerät er auf der Flucht vor diesen auf das Anwesen des einstigen Stummfilm-Stars Norma Desmond (Gloria Swanson). Die lebt isoliert von der Außenwelt zusammen mit ihrem Butler Max (Erich von Stroheim) in einer prunkvollen Villa. Desmond glaubt zuerst, Gillis sei gekommen um den kürzlich verstorbenen Schimpansen zu beerdigen. Als Gillis die Situation aufklärt und sich als Drehbuchautor vorstellt, bittet sie ihn das von ihr geschriebene Drehbuch zur Geschichte der Salome zu bearbeiten. Norma ist davon überzeugt, dass Cecil B. DeMille diesen Film mit ihr in der Titelrolle verfilmen wird und dies ihre Rückkehr auf die Leinwand markiert, die mittlerweile von Tonfilmen dominiert wird. Da Desmond gut bezahlt, ihn in ihrer Villa wohnen lässt und ihn neu einkleidet, geht er auf das Angebot ein. Doch die Abhängigkeit von seiner Gönnerin wird immer mehr ein Problem für Joe. Norma kommandiert ihn herum, möchte ihn zu ihrem Liebhaber machen. An Silvester verlässt er entnervt die Villa und trifft auf einer Party Betty Schaefer wieder. Die beiden beginnen an einem eigenen Drehbuch zu arbeiten und verlieben sich ineinander. Doch Norma kommt Joes Heimlichkeiten auf die Spur. Mit fatalen Folgen für alle Beteiligten.
„I am big. It’s the pictures that got small.“
Es ist erstaunlich wie „meta“ der Film für die damalige Zeit war. Viele Stars spielen sich selbst, allen voran natürlich Regisseur Cecil B. DeMille, Hedda Hopper oder Buster Keaton. Gloria Swanson war tatsächlich eine Stummfilm-Ikone, die mit SUNSET BOULEVARD ihre Rückkehr auf die große Leinwand feierte. Entgegen ihrer Rolle Norma Desmond hatte Swanson aber mit dem Aufkommen des Tonfilms freiwillig ihre Karriere beendet und sich mit den neuen Gegebenheiten abgefunden. Trotzdem liefert sie hier eine grandiose Darstellung ab. Selbst im Privaten hat Norma ein ausdrucksstarkes Gesicht. Ihre Villa sieht aus wie ein Filmset aus der Stummfilmära. Man spürt förmlich, wie sehr sie aus der Zeit gefallen ist. Sie präsentiert aber auch den unzerstörbaren Willen, alles für ihre Karriere zu tun. Norma unterwirft sich dem gängigen Schönheitsideal, nimmt Diäten dafür in Kauf. Selbst Betty erzählt, dass sie sich für eine potenzielle Schauspielkarriere ihre Nase richten ließ. Zu der damaligen Zeit war die Karriere einfach ab einem bestimmten Alter vorbei – zumindest für Schauspielerinnen.
Zweifelhafter Schreiberling
Die anfängliche Motivation von Joe Gillis bei Desmond zu bleiben, ist verständlich. Die Geldsorgen, das spartanische Leben sind nicht besonders einladend. Doch kaum ist er unter Desmonds Fittichen benimmt er sich gegenüber den beiden Frauen, die ihn begeehren, eigenartig und unlogisch. Er bleibt bei Norma wegen des Geldes, verliebt sich aber in Betty, die er aber verlässt um bei Norma zu bleiben, die er anschließend ebenfalls verlassen will und dafür erschossen wird. Mit anderen Worten: Joe ändert je nach Situation seine Meinung, was ihn nicht zwangsläufig sympathisch macht. Es ist daher auch kaum verwunderlich, dass sich einige Drehbuchautoren gegen das verunglimpfende Bild des Schreiberlings aufregten. Weiteres Manko sind einige Längen im Mittelteil. Hier hätte man durchaus flüssiger erzählen können. Nichtsdestotrotz ist BOULEVARD DER DÄMMERUNG heutzutage immer noch sehenswert und nicht zuletzt schon wegen der grandiosen Leistung von Gloria Swanson ein starkes Stück Filmgeschichte.
(5/6 bzw. 8,5/10)
Trailer: © Paramount Pictures
Sunset Bullevard gehört zu meinen Top 10 Lieblingsfilmen 🙂 Ich mag die Geschichte an sich, aber auch den Blick hinter die Kulissen. Als der Stummfilm verschwand und der Tonfilm sich breit machte, gab es tatsächlich viele Schauspieler, die auf Grund ihrer Stimme ihren Job verloren und es ist auch zu Suiziden gekommen, weil einige unter dem Verlust sehr litten. Ein anderer Film, der das Theme „Vom Stummfilm zum Tonfilm“ ein wenig heiterer behandelt ist „Singin‘ in the Rain“ oder wie er in Deutschland heißt „Mein Glückstern sollst du sein“. Falls du diesen Klassiker noch nicht sahst kann ich dir den sehr ans Herz legen.
Ja, an SINGIN IN THE RAIN habe ich auch denken müssen.