Jaume Collet-Sera hat wohl seinen Lieblingsschauspieler gefunden, denn nach UNKNOWN und NON-STOP arbeitet er auch hier wieder mit Liam Neeson. Doch dieses Mal leidet seine Figur weder an Gedächtnisschwierigkeiten noch muss er sich in luftiger Höhe mit ungeklärten Morden beschäftigen. Hier spielt Neeson den Brooklyn-Gangster Jimmy Conlon, der früher als Profikiller arbeitete und deshalb den Spitznamen „Totengräber“ bekam. Scherereien hat er kaum noch, lediglich der engagierte Detective Harding (Vincent D’Onofrio) versucht noch Beweise zu finden, die Conlon endlich ins Gefängnis bringen. Die größte Angst von Jimmy ist aber nicht das Gefängnis, sondern, dass sein Sohn Mike (Joel Kinnaman) ebenfalls auf die schiefe Bahn geraten könnte. Dieser versucht Frau und Kinder durchzubringen und will mit seinem Vater nichts mehr zu tun haben. Als Mike durch Zufall Zeuge eines Mordes wird, versucht der Schütze ihn zu beseitigen. Der Schütze ist niemand anderes als Danny Maguire (Boyd Holbrook), der Sohn des mächtigen Mafioso Shawn Maguire (Ed Harris), dem ehemaligen „Arbeitgeber“ von Jimmy. Als Danny Mike mit einer Waffe bedroht, erschießt Jimmy ihn. Von nun an müssen Vater und Sohn ihre Differenzen überwinden, denn Maguire schickt, gezeichnet von Wut und Trauer, seine besten Männer um die Conlons allesamt zu liquidieren.
Bodyguard für eine Nacht
Auch wenn der Filmtitel eine Flucht zu Fuß suggiert, so wird hier eigentlich recht wenig gelaufen. Die Protagonisten sitzen häufiger in Autos oder U-Bahn-Abteilen herum. Die Kamera bietet durchaus hin und wieder großartige Momente. In der Tradition von Google Street View springt die Kamera immer wieder aus einem Setting heraus und in ein anderes hinein um Ortswechsel besonders in Szene zu setzen. Manchmal fliegt sie aber auch im Rückwärtsgang durch eine U-Bahn. Leider wird dieses visuelle Konzept nicht konsequent durchgezogen, was schade ist, denn die Spielorte beschränken sich auf eine einzige Stadt und sie könnten dem Zuschauer damit einen Überblick über die Orte und Entfernungen geben. In der Ferne sieht man hinter der Skyline New Yorks Blitze und hört ein Donnergrollen. Wenn die Straßen nicht gerade in blaues oder rotes Licht gehüllt sind, dann aber in Regentropfen, die kurze Zeit nach dem Mord an Danny vom Himmel fallen als beweine der Himmel selbst den Verlust. Dass der Film in Deutschland erst ab 16 freigegeben ist, liegt wohl hauptsächlich an dem Mord und Todschlag einschließlich einer ziemlich explizit gezeigten Verbrennung zweiten Grades.
Packende Erzählweise sieht anders aus. In aller Seelenruhe wird die eigentlich spannende Geschichte entfaltet, was hin und wieder zu Durchhängern führt, aber von den schauspielerisch starken Ed Harris und Liam Neeson weitesgehend aufgefangen werden. Fast schon langweilig wird das Rezitieren von Jimmys Mantra „Tu’s nicht, Michael. Wenn du abdrückst, bist du nicht besser als ich“, dass sein Sohn jedes Mal zu hören bekommt, wenn er eine Waffe zieht. Es könnte aber auch heißen „Ich bin hier der Einzige, der Leute umbringen darf, mein Sohn“, denn Jimmy erschießt konsequent alle, die Mike kurz vorher bedroht hat. Die genretypischen Logikfehler kann man häufig verzeihen, die immer wieder aus der Hand fallenden Schießeisen aber nicht (als könnten Profikiller keine Waffe halten!) . Das große Finale, dass bereits zu Beginn des Films angedeutet wird, erscheint dann unnötig lang, theatralisch und wenig überraschend. Der Vater schafft es mit letzter Kraft seinen Sohn zu retten und seine Schuld zu begleichen. Als hätte man das nicht kommen sehen.
Solider Freund-Vater-Sohn-Konflikt (4/6)
Titelbild und Trailer: Warner Bros. Deutschland
Spoiler!!! 😀 😀 😀
Ach komm, das Ende ist doch keine Überraschung. 🙂
Hätte ja sein können, dass der Sohn stirbt und der Vater ins Gefängnis kommt… 😀
Stimmt, aber dann wäre dieser ganze Vater-Sohn-Konflikt ja nicht gelöst. Und davon abgesehen, bevor der Filmsohn von Liam Neeson stirbt, hackt der sich lieber einen Arm ab und wirft diesen in die Schusslinie. 😉
Haha! Ja ok du hast recht.