Im Superwahljahr 2021 versuchen sich alle Parteien bei den Wählerinnen und Wählern besonders beliebt zu machen. Das Residenztheater München schickt nun einen eigenen Kandidaten ins Rennen. Und zwar in der neusten Zoom-Aufführung. Darin erklärt der Politiker Rex Osterwald (Lukas Rüppel), warum er so gerne gewählt werden möchte. Von seiner Gegenkandidatin Kolatschny und der Presse fühlt er sich gedemütigt. T-Rex wird er von seinen GegnerInnen genannt. Doch Rex kann durchaus auch mal seine Krallen ausfahren. Aber all die Rückschläge und Kränkungen sowie Morde an seinem Wahlkampfteam und seiner potenziellen Wählerschaft können Rex nichts anhaben. Er arbeitet an sich und seinen Probleme und fokussiert sich mit Optimismus und Tatendrang darauf, wie er Deutschland wieder nach vorne bringt.
„Finger weg von uns’rer schönen Republik!“
Rex Osterwald ist ein Unsympath vor dem Herren. Schon nach den ersten Minuten, wenn er in Politiker-Rethorik eine Metapher nach der anderen aufzählt, wird man skeptisch. Er erzählt, dass er Kätzchen gerettet hat, weil er die ja so liebt. Und schließlich käme es bei der Wahl doch darauf an, ob man einem Politiker vertraut bzw. kleine Kätzchen anvertrauen würde. Seine Zukunftsvision klingt zunächst verklärt-kitschig und gleichermaßen romantisch: „Götter werden wir sein. Uralte Eichen. Und sanft lächelnd werden wir die Schreie unserer Feinde hören in den Steppen Brandenburgs.“ Aber schnell geht es gegen KünstlerInnen und AktivistInnen. Sie verbreiten den ganzen Tag die Unwahrheit, meint er, und deshalb dürften die sich auch nicht wundern, wenn sie irgendwann ein Messer im Bauch haben. Allerspätestens als dann auch noch die Presse angegriffen wird, fühlt man sich an Donald Trump und das → abgebrochene ZDF-Interview von Björn Höcke erinnert.
„Mir könnt ihr dieses schöne Land anzuvertrauen.“
Der Monolog, der etwa eine Stunde dauert, lebt besonders von den schwarzhumorigen Politikrhetorik-Parodien. Und genau das ist Vor- und Nachteil des Stücks. Zum einen kann man herrlich über die überzogene Deutschland-Liebe dieses Kandidaten lachen. Auch wenn es im ersten Moment schockt, dass er auch vor Mord nicht zurückschreckt, so schockt es eben doch nur kurz. Rex Osterwald bleibt eine Parodie. Das liegt aber sicher mehr am Text von Michel Decar, weniger an Lukas Rüppel. Der macht sowohl im Sommerinterview als auch mit blutverschmiertem Hemd eine gute Figur. Das ganze Stück mit allen Zusatzinhalten in gerade einmal acht Tagen entwickelt worden, was schon ziemlich sportlich angesichts der Vielzahl an Einspielfilme und Kameraperspektiven ist. Wirklich ernst zu nehmen kann man Rex immer nur für Augenblicke, im Ganzen aber nie. Auch nicht, als die Kamera am Ende des Stücks auf den Bildschirm mit den vielen Zoom-Fenstern der ZuschauerInnen zeigt und Rex mit seinen Klauenhänden nach den potenziellen WählerInnen greift.
8/10
Gesehen am 02.05.2021 (2. Vorstellung) via Zoom, gesendet von der Probebühne des Cuvilliés–Theater München.
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