Eigentlich war er in Rente. Regisseur Steven Soderbergh hatte der Filmindustrie den Rücken zugekehrt, ist nun aber doch zurück. Diese Rückkehr hatte hauptsächlich auch damit zutun, dass Soderbergh seinen Film abseits des klassischen Studiosystems finanzieren konnte – hauptsächlich durch den Verkauf von Kino- und TV-Rechten, bevor der Film überhaupt gedreht wurde. Im Independant-Bereich ist das zwar üblich, allerdings vertreibt Soderbergh seinen Film mit seiner eigenen Firma selbst. LOGAN LUCKY erzählt von den Brüdern Jimmy (Channing Tatum) und Clyde Logan (Adam Driver). Beide haben körperliche Gebrechen.
Jimmy humpelt und Clyde trägt eine Unterarm-Prothese, da er als Soldat im Irak verwundet wurde. Der arbeitslose Jimmy, der kürzlich noch als Bauarbeiter an einer NASCAR-Rennstrecke gearbeitet hat, kommt auf eine wahnwitzige Idee. Zusammen mit Bruder Clyde und Schwester Mellie (Riley Keough) will er beim bekanntesten NASCAR-Rennen der Welt, dem Coca-Cola 600, einen genialen Raubüberfall durchführen. Weitere Unterstützung bekommen die vom Pech verfolgten Brüder unter anderem auch vom legendären Bankräuber Joe Bang (Daniel Craig). Joe sitzt allerdings noch im Bundesgefängnis. Der Plan: Joe befreien und dann den großen Reibach machen.
Eine dreckige Variante von OCEAN’S
Der Film hat 29 Millionen Dollar gekostet, vergleichsweise wenig, wenn man bedenkt, dass OCEAN’S ELEVEN um die 85 Millionen Dollar gekostet hat. Auch die 20 Millionen Dollar für die US-Werbung hat Soderbergh selbst aufgetrieben. Der große Vorteil war mehr kreative Kontrolle, nicht nur über den Film, sondern auch in Bezug auf die Transparenz der Finanzen und eine klare Richtung in Sachen Vermarktung. Auch wenn Soderbergh hier wieder einen Heistfilm dreht, ist der Film das komplette Gegenteil der Hochglanzgaunereien der OCEANS-Reihe. Klasse, Stil und coole Gadgets hat dieser Film nicht. Alles ist ein bißchen dreckiger, kantiger, aber nicht weniger unterhaltsam. Steven Soderbergh lässt den Zuschauer dieses Mal sehr wenig wissen. Die Wendepunkte sind daher unvorhersehbar, was in jedem anderen Heist-Movie positiv wäre, bloß hier wirkt die narrative Struktur dann doch zu beliebig. Während die OCEAN’S-Filme immer zumindest einmal einen konkreten Plan zeigen und quasi einen Wunsch-Ablauf der Ereignisse etablieren, bleibt der Plan bei LOGAN LUCKY ungenannt. Dadurch leidet der Zuschauer auch weniger mit, weil man nicht zwischen dem gewünschten Ablauf und den tatsächlichen Ereignissen vergleichen kann.
Der blonde Bond
Als Daniel Craig als Bond-Darsteller gecastet wurde, kamen die Sean-Connery-Verehrer sofort mit einem absurden Grund um die Ecke, warum der Neue der Falsche ist: er sei zu blond. Inzwischen sind einige Jahre ins Land gegangen, Craig hat in der Rolle überzeugt und die Haarfarbe ist kein Thema mehr.
Wie ein wirklich erblondeter Bond ausgesehen hätte, zeigt er in LOGAN LUCKY. Als durchgeknallter Bombenexperte macht Craig eine fantastische Figur und zeigt eine enorme Spielfreude. Auch die anderen Darsteller scheinen förmlich in den Rollen aufzugehen. Bis in die Nebenrollen ist der Film mit namenhaften Darstellern besetzt. Katie Holmes, Seth MacFarlane (hinter dem gigantischen Schnäuzer und der Wolfgang-Petry-Gedächtnis-Frisur kaum wiederzuerkennen), Sebastian Stan und Hilary Swank sind zwar nur in wenigen Szenen im Bild, können aber dennoch überzeugen. Das tröstet etwas über die Schwachstellen, das stellenweise trödelnde Storytelling, hinweg.
4.5/6 bzw. 7.5/10
Trailer: © Studiocanal Deutschland