Gier unter Ulmen (2022)

Endlich gab’s mal wieder einen neuen Abo-Aufruf und das Bühnenbild sah auf den ersten Bildern schon ganz großartig aus. In GIER UNTER ULMEN dreht sich alles um die Farm von Ephraim Cabot (Oliver Stokowski). Dessen drei Söhne streiten hinter dem Rücken des Vaters bereits darüber, wer den Hof als nächster übernimmt. Doch statt das Zeitliche zu segnen, präsentiert der Rentner seinen Söhnen seine junge Braut Abbie (Pia Händler). Die älteren Brüder (Simon Zagermann, Niklas Niederegger) geben die Hoffnung auf, die Farm jemals zu bekommen und folgen dem Ruf des Goldes nach Kalifornien. Zurück bleibt der jüngste Sohn Eben (Noah Saavedra). Sowohl Abbie als auch Eben habe es auf die Farm abgesehen und niemand möchte nachgeben. Schließlich hat Eben eine Affäre mit seiner Schwiegermutter, was die Dreierkonstellation zusätzlich belastet.

Szenenbild aus GIER UNTER ULMEN - Ephraim Cabot (Oliver Stokowski) und Abbie Putmann (Pia Händler) - © Birgit Hupfeld
Ephraim Cabot (Oliver Stokowski) und Abbie Putmann (Pia Händler) – © Birgit Hupfeld

Meine, deine, unsere kleine Farm

Auch wenn ich GIER UNTER ULMEN keinesfalls langweilig fand, habe ich das Gefühl, dass mir diese Inszenierung nicht besonders in Erinnerung bleiben wird. Alles an dieser Inszenierung ist einen Tick zu übertrieben. Am besten kann man es mit einer Telenovela vergleichen. Alle lieben sich ein bißchen zu leidenschaftlich. Sie leiden ein bißchen zu sehr und flippen ein bißchen zu lautstark aus. Letzteres äußert sich zum Beispiel in einer Szene, in der ein nackter Noah Saavedra Hühnergegacker von sich gibt um „dem alten Herrn mal zu zeigen, wer jetzt der Gockel im Haus ist“. Diesen Hang zur überbordender Dramatik, der selbst die ernstesten Momente unfreiwillig komisch wirken lässt, muss man mögen. Oder auch nicht. Der Zuschauer neben mir ging nach ca. 15 Minuten, weil er dieses „Zuviel“ wohl nicht ausgehalten hat.

Szenenbild aus GIER UNTER ULMEN - Eben (Noah Saavedra) beginnt eine Affäre mit seiner Stiefmutter Abbie (Pia Händler) - © Birgit Hupfeld
Eben (Noah Saavedra) beginnt eine Affäre mit seiner Stiefmutter Abbie (Pia Händler) – © Birgit Hupfeld

Style over substance

Ich mochte das Überdrehte, allerdings war ich nicht besonders glücklich über die unvorteilhafte Low-Key-Deckenbeleuchtung. Das in dunklen Steinen gehaltene Bühnenbild wird einzig von einem halbdunklen Deckenlicht beleuchtet. Das führt dazu, dass man selbst in der 4. Reihe die Mimik der Schauspielenden nicht mehr ordentlich sieht. Nachdem das ja für die Zuschauenden in den ersten Reihen gerne mal ein Grund ist, auch mal mehr Geld für das Ticket in die Hand zu nehmen, ist das eine finanzielle wie optische Lose-Lose-Situation. Es kommt wirklich selten vor, dass ich mich über die Beleuchtung im Theater beschwere, aber das ist war leider ein klassischer Fall von Style over substance.

Szenenbild aus GIER UNTER ULMEN - © Birgit Hupfeld
Abbie (Pia Händler) und Eben (Noah Saavedra) – © Birgit Hupfeld

Die Drei

Simon Zagermann und Niklas Mitteregger tauchen zu Beginn des Stücks kurz auf. Als spukende Mutter singt sich auch noch Dora Garcidueñas durch eine Szene, aber im Grunde liegt das Stück die meiste Zeit auf den Schultern von Oliver Stokowski, Noah Saavedra und Pia Händler. Die liefern allesamt eine solide Leistung ab. Trotzdem hatte ich aber das Gefühl, dass alle noch viel besser spielen könnten, hätte der Regisseur Evgeny Titov sie nicht zu Telenovela-Darstellenden gemacht. Die grundlegende Geschichte bietet nämlich eigentlich genügend Stoff zum Erforschen: das Verhältnis Mensch-Besitz zum Beispiel oder was Reichtum abseits von materiellen Dingen bedeuten kann. Leider bleibt die Geschichte oberflächlich und selbst die klamaukigen Momente sind zu kurzweilig um lange im Gedächtnis hängen zu bleiben.

7/10

Bewertung: 7 von 10.

Gesehen am 28.04.2022 im Residenztheater München

Trailer: © Residenztheater München

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert