Seitdem ETERNALS Mitte Januar 2022 auf Disney+ erschien, haben gefühlt alle den Film nachgeholt und eine Meinung dazu entwickelt. So auch ich. Bevor ich diesen Film verteidige, erstmal noch kurz ein paar Worte zur Handlung. Die außerirdischen Eternals leben schon seit tausenden von Jahren auf der Erde. Anführerin der Gruppe ist Ajak (Salma Hayek). Sie bildet die Brücke zwischen den Eternals und ihren Erschaffenden, den Celestials. Zur „Familie“ gehören auch die Kriegerin Thena (Angelina Jolie) und der mächtige Ikaris (Richard Madden), der seit 7.000 Jahren eine Beziehung mit seiner Eternals-Kollegin Sersi (Gemma Chan) führt. Die Eternals haben den Auftrag, die Menschen vor den bösen Kreaturen, den Deviants, zu beschützen, was sie lange mit Erfolg getan haben. Doch dann tauchen die Biester wieder auf und haben plötzlich neue Fähigkeiten. Die Eternals müssen wieder aktiv werden und die Menschheit beschützen.
Untypischer, aber nicht schlechter Marvel-Film
ETERNALS wurde vielerorts schon als langweiligster Marvel-Film bezeichnet. Doch damit tut man den Film wirklich unrecht. Zum einen hatte Regisseurin Chloé Zhao, die eigentlich bislang Indiefilme wie z.B. THE RIDER oder NOMADLAND drehte, zum ersten Mal die Möglichkeit einen großen Blockbuster auf die Leinwand zu bringen. Dass sie sich dabei treu bleibt und immer wieder auf verträumte Bildeinstellungen setzt, ist nicht weiter verwunderlich. Das finde ich sogar sehr gelungen. Zweites Gegenargument gegen diesen Film ist häufig die Überlänge. Mit 157 Minuten ist der Film inzwischen der längste Marvelfilm. Doch diese Zeit braucht es auch. Die Eternals und ihre Verbindungen untereinander, aber auch zu den Menschen müssen auserzählt werden, damit das Publikum eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen kann. Bei zehn Hauptrollen durchaus eine Herausforderung. Auch die Tatsache, dass der Film seine Geschichte über mehrere Jahrtausende erzählt – elegant mit Rück- und Vorblenden gelöst – würde andere Filmemachende überfordern. Zhao hingegen gelingt es über weite Strecken sowohl die Beziehungen innerhalb der Gruppe zu dokumentieren als auch die Geschichte zügig voranzutreiben.
Action und Drama im Einklang
Der Grund, weshalb ich ETERNALS nicht im Kino gesehen habe, hatte tatsächlich optische Gründe. Ich fand die Monster, die Deviants, nicht sonderlich überzeugend. Der Trailer suggerierte ein Actionfeuerwerk. Das könnte vielleicht auch der Grund für die unglücklichen Marvelfans sein, denn ETERNALS ist über weite Strecken ein Drama. Thena hat manchmal Aussetzer, die in ihrer Ausprägung an Demenz erinnern. Menschliche Themen wie Selbstzweifel und die Frage nach der Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit, wie man sie bei Sersi entdecken kann, kennt man auch eher aus dem Dramagenre. Und gerade das ist die große Stärke des Films. Die Actionfans bekommen ihre Action, bildgewaltig und opulent, wie man das von Marvelfilmen kennt. Und alle anderen, die sich eine „menschelnde“, emotionale Geschichte wünschen, bekommen das. Eigentlich eine Win-Win-Situation.
Schwächen auf den letzten Metern
Besondere Schwächen hat der Film eigentlich nur gegen Ende. Hier kommt es dann zum einem optischen Schlussfeuerwerk, das optisch punktet, aber emotional gesehen relativ schnell wieder verpufft. Außerdem sind interessante Nebencharaktere nicht komplett auserzählt. Im Lauf der Geschichte bekommen die Deviants ein Bewusstsein und können sogar reden. Ihre Position wird etwas unter den Teppich gekehrt ebenso wie auch das selbstgewählte Ableben eines Eternals. Zudem werden am Ende des Films drei Eternals von einem Celestial entführt. Ein billiger Cliffhanger. Fairerweise muss man dazusagen, dass die Geschichte ursprünglich anders ausging, was wiederum beim Testpublikum aber nicht gut ankam und deshalb nachträglich geändert wurde. Daher dieses sehr konstruierte und schal wirkende Ende.
8.5/10