Esoterik boomt. Und das nicht erst seit gestern. Die Menschen treten scharenweise aus den klassischen Kirchen aus und suchen einen Trost bei Engeln, Tarot-Karten und Wahrsagern. In eine ähnliche Kerbe schlägt der neue Film ALOFT von Claudia Llosa. Doch anstatt die selbsternannten Wunderheiler zu parodieren oder kritisieren, erzählt sie in ruhiger Weise die Auswirkungen, sollte die Esoterik wichtiger werden als die eigene Familie. Als Ivan ein kleiner Junge ist (Zen McGrath), arbeitet seine Mutter Nana (Jennifer Connelly) auf einer Farm. Daneben widmet sie sich vor allem Ivans kleinem Bruder Gully (Winta McGrath), der durch eine Krankheit geistig verfällt. Die Mutter verlangt, dass Ivan dem Bruder zur Seite steht. Doch der verharrt trotzig in seiner eigenen Welt, in der er die Flugmanöver seines Falken Inti verfolgt. Eines Tages lässt sich ein Heiler im Ort nieder. Durch ihn entdeckt Nana ihre eigene heilende Kraft. Die beiden bauen fragile Zelte aus Ästen und helfen fremden Kindern, gesund zu werden. Durch einen tragischen Unfall wird Nanas Familie schließlich auseinandergerissen. Jahre später macht Ivan (Cillian Murphy) sich auf die Suche nach seiner Mutter. Er ist jetzt selbst Vater. Ivan reist in Begleitung der Journalistin Jannia (Mélanie Laurent) immer tiefer in eine unbekannte Landschaft.
Wunderheilerin gesucht!
Der große Vorteil ist, dass die Geschichte im Niemandsland spielt. Es gibt keine geographischen Angaben zu den Orten. Alles, was man sieht, ist Eis und Schnee; eine öde Landschaft mit wenigen Pflanzen. Die Menschen, die dort leben, sind Arbeiter. Ihre Gesichter sind müde. Die Geschichte in solch einer Tristess zu erzählen, sorgt dafür, dass es wenig Einflüsse von Außen gibt. Deshalb kann sich die Heilkraft von Nana ungehemmt entfalten. Auch der Erzählstil, permanente Parallelmontagen, ist gut gewählt. Erst wird ein Stück von Ivans Kindheit erzählt, dann Ivan als Erwachsener, dann wieder die Kindheit und so weiter. Dies lockert die Geschichte merklich auf, ganz besonders am Anfang, wenn in beiden erzählten Handlungssträngen noch nicht viel passiert und die Charaktere erst etabliert werden. Der Film enthält zwei schauspielerische Highlights. In einer Szene schreit Nana Ivan an und zwar so, das es einem wirklich durch Mark und Bein fährt. Der erwachsene Ivan in Form von Cillian Murphy revanchiert sich später mit einem ebenso emotionalen Wutausbruch. Beide Szenen bleiben nach dem Kinobesuch noch stark im Gedächtnis.
Leider bleiben auch unglaublich viele Fragen offen: Woher kommt der Heiler? Woher hat er seine Heilkräfte und wieso hat Nana sie auch? Warum kümmert sich Nana lieber um fremde Kinder, als um ihre Eigenen? Was ist überhaupt ihre Motivation? Wieso betrügt Ivan seine Frau, die er doch offenbar liebt? Wer von diesem Film klare Antworten erwartet, ist hier falsch. Vieles bleibt vage und unerklärlich, was den Charme des Films etwas zerstört.
Inhaltliche Lücken (4/6)
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