2015 ist ein besonderes Jahr für Pixar. Zum ersten Mal in der Geschichte des Animationsstudios wurden zwei Filme in einem Jahr veröffentlicht. ALLES STEHT KOPF hat schon ordentlich vorgelegt, ARLO & SPOT zog nun nach. Der Film geht der Frage nach, wie die Welt heute aussehen würde, wenn die Dinosaurier nicht durch einen Meteoriteneinschlag ausgestorben wären. Arlo (Raymond Ochoa, im Deutschen: Cosmo Claren) ist ein junger, ängstlicher Apatosaurus. Anders als seine gleichaltrigen Geschwister Buck und Libby fürchtet er sich vor allem und jedem. Bei der täglichen Arbeit auf der Farm ist er im Gegensatz zu seinen Geschwistern wenig von Nutzen, was sein Selbstbewusstsein schwächt. Um dieses wieder aufzubauen, gibt ihm sein Vater (Jeffrey Wright, im Deutschen: Torsten Michaelis) eine wichtige Aufgabe: Nachdem immer wieder Lebensmittel aus dem Wintersilo verschwinden, soll Arlo ein Auge darauf haben und den Schädling fangen. Der „Schädling“ stellt sich als wildes Menschenkind heraus. Bei der Jagd nach dem Dieb fällt er durch ein Missgeschick in den Fluss, der ihn mitsamt dem Jungen mehrere hundert Kilometer mitreißt und von seiner Familie entfernt. Er findet sich plötzlich in fremdem Gebiet wieder. Überall sind fremde Geräusche. Essen und einen Unterschlupf gibt es auch nicht. Der Junge Spot stellt sich allerdings als überraschend hilfreich heraus. Die ungleichen Freunde treffen auf ihrer Reise zurück nachhause verschiedene Zeitgenossen, darunter eine T-Rex-Familie, die Langhorn-Rinder züchtet, eine Gruppe von hinterlistigen Flugsauriern und einen geheimnisvollen Tierchensammler.
Dino-Veganer trifft Menschen-Raubtier
Während ALLES STEHT KOPF Kinder und Erwachsene gleichermaßen erfreute, ist die Zielgruppe bei ARLO & SPOT eher bei den Kindern anzusiedeln. Das heißt allerdings nicht, dass die Erwachsenen nicht das ein oder andere Taschentuch benötigen. Dennoch ist das Storytelling einfacher gestrickt und auch von anderen Filmen in Teilen abgekupfert. Mehrere Szenen erinnern beispielsweise stark an den Disney-Klassiker DER KÖNIG DER LÖWEN. Und im Grunde kopiert sich Pixar auch selbst, schließlich portraitieren Pixarfilme gerne ungleiche Freundschaften, man denke nur an den Koch Linguini und die Ratte Rémy (RATATOUILLE). Spannend wird ARLO & SPOT da, wo Klischees aufgebrochen werden. So stellt sich der als gefühlskalte Killer bekannte Tyrannosaurus Rex als hilfsbereiter Helfer in der Not heraus, der sogar zugibt, auch manchmal Angst zu haben. Umgekehrt werden dem Menschenjungen Spot sehr tierische Eigenschaften zugesprochen: er kann Essen beschaffen, Spuren lesen und sich gegenüber Fressfeinden verteidigen. Er agiert hauptsächlich wie ein Hund und Haustier.
Atemberaubende Landschaft
Der eigentliche Hauptdarsteller neben den titelgebenden Helden ist die unfassbar schön animierte Landschaft. Die Exkursionen der Animatoren, wie in einem → Behind-the-Scenes-Clip zu sehen ist, haben offenbar viel gebracht. Es ist wirklich faszinierend, wie weit die Technik inzwischen ist. Besonders Wasser, Wolken, Flora und Fauna wirken wie gemalt, fotografiert oder gefilmt. Alle lebenden Figuren, also die Dinosaurier, Höhlenmenschen und Insekten, dagegen haben immer noch einen comichaften Stil behalten. Während ALLES STEHT KOPF im wahrsten Sinne des Wortes für’s Köpfchen war, ist ARLO & SPOT ein Vergnügen für die Augen. Der Soundtrack von Jeff und Mychael Danna unterstützt unaufgeregt diesen Augenschmaus und erinnert aufgrund von Fiddles und Gitarren häufig an einen Wild-West-Film.
Spot wirft Fragen auf
Die Geschichte wird flüssig erzählt. Zu Beginn lässt man sich etwas Zeit um das Verhältnis zwischen Arlo und seinem Vater ausführlich zu erklären um die spätere Motivation Arlos zu definieren. Arlo überlebt beinahe ohne Schrammen einige Stürze und Kämpfe, was gegen Ende etwas unglaubwürdig wirkt. Spots Hintergrundgeschichte bleibt leider etwas im Dunklen. Der Witz unter den Dinos ist in der Regel sehr auffällig und laut (schreiend vor einer Meute Hühner davonlaufen), während die Szenen zwischen Arlo und Spot aufgrund der Sprachbarriere subtil sind und durch kleine Gesten angedeutet werden (Spots Blick, als Arlo ihm beim Pinkeln zuschaut). ARLO & SPOT ist einer der optisch hübschesten Pixarfilme bisher, der von einer starken Freundschaft erzählt. Außerdem sollte man lobend erwähnen, dass der Film eine abgeschlossene Geschichte erzählt. In dieser durch Reboots und Fortsetzungen durchzogenen Filmlandschaft ist das eine gelungene Ausnahme. Ein perfekter Feel-good-Film für die kommenden Festtage.
Optisch wirklich eine Wucht (5/6)
Trailer: © Disney Pixar Deutschland
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