Ich mag visuell opulentes Kino. Als ich den Trailer zu SIEBEN MINUTEN BIS MITTERNACHT zum ersten Mal gesehen habe, war es Liebe auf den ersten Blick. Aber Liebe kann ja auch blind machen oder täuschen, besonders bei Filmtrailern. Hier wurde ich aber nicht ge- oder enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Ich kam aus dem Kino und war traurig und begeistert gleichermaßen. Gefühlsmäßiges Aprilwetter – so sollte eigentlich jeder Kinobesuch sein. Die Geschichte handelt vom 13-jährigen Conor O´Malley (Lewis MacDougall). Seine Mutter (Felicity Jones) ist schwer krank. Sie hat Krebs im Endstadium. Auch sein Vater (Toby Kebbell) und seine Großmutter (Sigourney Weaver) können ihn nicht ablenken. In der Schule wird er von seinen Mitschülern verschlagen. Conor hat fürchterliche Albträume. Er zieht sich immer mehr zurück und malt. Jede Nacht, immer exakt sieben Minuten nach Mitternacht, wacht Conor auf und findet vor seinem Fenster ein Monster (Stimme von Liam Neeson). Das Monster sagt, es wolle ihm drei Geschichten erzählen. Die wiederholten Treffen zwischen Conor und dem fremden Wesen haben ungeahnte Auswirkungen.
Für die große Leinwand: Style AND Substance
Um es kurz zu machen: Für mich ist dieser Film bereits jetzt für meine persönliche TOP 10 der besten Filme des Jahres gesetzt. Man sollte diesen Film unbedingt gesehen haben und zwar zwingend im Kino. Nicht auf einem Mini-Bildschirm, auch nicht via Streaming, nein, im guten alten Kino. Wer der englischen Sprache halbwegs mächtig ist, dem sei der Film im englischen Original empfohlen. Die Stimme von Liam „I will find you. And i will kill you.“ Neeson ist es wert. Auch wenn der Film enorm viel Wert auf durchkomponierte Bilder legt, ist es kein „Style over Substance-Film“. Style und Substance halten sich immer die Waage. Das wird bereits beim Intro klar. (Ich freue mich schon auf den Beitrag bei → “The Art of the Title” zu diesem Film.) Sowohl das Opening als auch die Geschichten des Monsters setzen sich optisch von dem Rest des Film ab, da sie in einer Wasserfarbenanimation erzählt werden. Am Anfang dauert es ein bißchen bis die Geschichte in Fahrt kommt, aber mit dem ersten Auftauchen des Monsters ist man mittendrin in der Geschichte. Im Nachhinein fühlte ich mich etwas an Groot, das Mitglied der GUARDIANS OF THE GALAXY, erinnert, aber das liegt wohl eher an der zeitlichen Nähe zum Filmstart des Marvelfilms.
Traurige Freude
Dem spanischen Filmemacher J.A. Bayona (THE IMPOSSIBLE) gelingt der Spagat zwischen hoffnungsvoller und tieftrauriger Geschichte erstaunlich gut. Gerade bei Geschichten wie der von Conor besteht immer auch die Gefahr zu sehr ins Kitschige abzudriften. Das geschieht aber nie. Und das braucht es auch nicht. Patrick Ness, der seinen Roman gleich selbst in die Drehbuchform brachte, macht alles richtig. Besonders im letzten Drittel saß ich heulend im Kinosaal ohne genau zu wissen, warum ich jetzt weine bzw. warum ich in mein Taschentuch schniefe, obwohl die Szene eigentlich ganz schön ist. Vielleicht liegt auch “schön” im Auge des Betrachters. Übliche Trigger wie gefühlsbetonte Filmmusik (Fernando Velázquez) kommen zwar zur Geltung, aber definieren nicht die komplette Szene. Vielleicht liegt es auch an Felicity Jones und Lewis MacDougall. Oder an der Maske von Marese Langan, die Felicity Jones so schrecklich krank aussehen lässt. Sigourney Weaver spielt eine total unaufgeregte Nebenrolle, was ihr nicht immer gut steht, denn Weaver ist einfach nicht das, was ich mir unter einer britischen Oma vorstelle. Zu einem gewissen Teil kann ich nicht sagen, warum mich dieser Film so mitgenommen hat, daher empfehle ich jedem Leser sich selbst ein Bild zu machen. Im Kino. Der Film ist auch keine Fortsetzung und es spielen keine Superhelden mit. Wenn das dieser Tage kein guter Grund ist… Ach ja, Taschentücher einpacken nicht vergessen. Ihr werdet sie brauchen.
5.5/6 bzw. 9/10
© Studiocanal
3 thoughts on “A Monster Calls (O, 2016)”