Was der Butler sah (2021)

Für den Jahreswechsel hatte ich mir leichte Kost gewünscht und die bekam ich auch. WAS DER BUTLER SAH ist eine herrliche Verwechslungskomödie und Farce. Alles beginnt mit einem Vorstellungsgespräch. In der Nervenklinik des Psychiaters Dr. Prentice (Juliane Köhler) möchte die Sekretärin Geraldine (Christian Erdt) gerne arbeiten. Leider ist der Arzt weniger an ihren Qualifikationen und mehr an ihrem Körper interessiert. Als er kurz darauf von seiner Frau (Florian von Manteuffel) in flagranti erwischt wird, erklärt er Geraldine kurzerhand zu seiner Patientin und weist sie in seine Klinik ein. Die Praxis von Dr. Prentice wird zudem Gegenstand einer Untersuchung von Seiten der Regierung unter Leitung von Dr. Rance (Charlotte Schwab). Die „verschwundene“ Sekretärin ruft zudem den Sergeant Match (Cathrin Störmer) auf den Plan, der eigentlich auf der Suche nach dem Trickbetrüger Nicholas Beckett (Antonia Münchow) ist.

Szenenbild aus WAS DER BUTLER SAH - Die Klamottensuche (Cathrin Störmer, Christian Erdt, Florian von Manteuffel) - © Birgit Hupfeld
© Birgit Hupfeld

Let’s crossdress again!

Charlotte Schwab und Juliane Köhler schlüpften bereits in Bastian Krafts LULU in Männerklamotten, so auch dieses Mal. Wenn man genau hinschaut, erkennt man sogar ihre Figuren aus LULU ein bißchen. Einmal mehr bricht Kraft die Geschlechterrollen auf. In seiner Inszenierung von WAS DER BUTLER SAH spielen alle Frauen Männerrollen und umgekehrt. Und das gibt besonders den Szenen, in denen sich die männlichen Charaktere den Frauen gegenüber übergriffig verhalten, einen besonderen Dreh. Relativ schnell vergisst man das Crossdressing dann auch. Dank der fabelhaften Maske und den Kostümen kann die Verwechslungskomödie ihre ganze Wirkung entfalten. In Wolfgang Menardis Arztpraxis-Setting klappern die Türen und geben dabei auch akustisch das immer schneller werdende Tempo der rasanten Persiflage vor.

Szenenbild aus WAS DER BUTLER SAH - © Wolfgang Menardi
© Wolfgang Menardi

„Der Wahnsinn ist demokratisch“

Die Vorlage des Briten Joe Orton, der nicht nur über queere Themen in seinen Theaterstücken schrieb, spottet in WAS DER BUTLER SAH wortwitzig über die zwanghafte Pathologisierung von Lebensentwürfen jenseits der gesellschaftlichen Norm. Das wird besonders im Hinblick auf die Kleidung deutlich. Bei Zeugenbefragungen wird konsequent davon ausgegangen, dass es ja kein männlicher Täter gewesen sein könne, schließlich habe die gesuchte Person ja ein Kleid getragen. Die Zweigeschlechterordnung wird immer wieder ad absurdum geführt. Insofern ist auch hier der Geschlechterwechsel des Ensembles eine passende Metapher.

Szenenbild aus WAS DER BUTLER SAH - © Birgit Hupfeld
© Birgit Hupfeld

Klamauk und Klamottentausch

Florian von Manteuffel finde ich ja häufig in anderen Rollen „zu drüber“. Zu laut. Zu schrill. Hier war ich zum allerersten Mal wunschlos glücklich, denn die Exaltiertheit passt wirklich ausgesprochen gut zum expressiven Wesen der Psychiater-Gattin Mrs. Prentice. Überhaupt ist WAS DER BUTLER SAH an vielen Stellen sehr klamaukig, überzeichnet, aber trotz überbordendem, liebenswertem Schwachsinn tiefgründig und unterhaltsam. In der Mitte und am Ende gibt es zwei gesangliche Einlagen, die es eigentlich nicht gebraucht hätte. Ganz grundsätzlich macht WAS DER BUTLER SAH aber einen soliden Eindruck. Kann man sich auch noch ein zweites Mal anschauen.

8/10

Bewertung: 8 von 10.

Gesehen am 31.12.2021 im Residenztheater München

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