The Motive and the Cue (2024)

Über 100 Pfund für eine Theaterkarte in London? Nein, danke. Dann doch lieber im heimischen Kino für 19 Euro eine NTlive-Aufführung von THE MOTIVE AND THE CUE anschauen. Und das war auch eine gute Wahl. THE MOTIVE AND THE CUE entführt uns ins Jahr 1964. Richard Burton (Johnny Flynn), frisch verheiratet mit Elizabeth Taylor (Tuppence Middleton), steht vor einer neuen Herausforderung: Er soll die Titelrolle in einer experimentellen Theater-Produktion von Hamlet spielen, unter der genauen Regie von John Gielgud (Mark Gatiss). Während die Proben voranschreiten, prallen zwei Theaterzeitalter aufeinander. Die Zusammenarbeit zwischen dem Schauspieler und dem Regisseur droht unter der Last ihrer gegensätzlichen Visionen und der schillernden Präsenz Taylors zu zerbrechen.

Szenenbild aus THE MOTIVE AND THE CUE - Regie: Sam Mendes - John Gielgud (Mark Gatiss) und Richard Burton (Johnny Flynn) - Photo: Mark Douet
John Gielgud (Mark Gatiss) und Richard Burton (Johnny Flynn) – Photo: Mark Douet

Schlagabtausch im Probenraum

Es dauert eine Weile, bis die Geschichte in Fahrt kommt. Doch das Warten lohnt sich. Eine besonders starke Szene des Stücks entfaltet sich als Mark Gatiss als John Gielgud nach einem hitzigen Streit mit Richard Burton eine Szene aus Hamlet in einem leeren Probenraum performt. In der Szene ist niemand sonst im Raum. Niemand sieht in diesem Moment die Kraft mit der Gielgud seine Vision von Hamlet auf die Bühne bringt. Und doch sitzt da ein Publikum da und sieht ihm dabei zu. Ein gelungener Blick hinter die Kulissen von Regisseur Sam Mendes. Mein persönliches Highlight des Stücks war aber Johnny Flynn. Für mich eine absolute Neuentdeckung. Seine Darstellung fängt die Komplexität und das Charisma Burtons ein. Der eigene Ehrgeiz, aber auch die persönlichen Laster von Burton, die ihm immer wieder selbst im Weg stehen, kann Flynn großartig herausarbeiten.

Szenenbild aus THE MOTIVE AND THE CUE - Regie: Sam Mendes - Elizabeth Taylor (Tuppence Middleton) und John Gielgud (Mark Gatiss) - Photo by Mark Douet
Elizabeth Taylor (Tuppence Middleton) und John Gielgud (Mark Gatiss) – Photo by Mark Douet

Schönheiten auf und um die Bühne herum

Tuppence Middleton bleibt als Elizabeth Taylor hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das liegt weniger am Schauspiel selbst, sondern sie bekommt im großen Ganzen einfach zu wenig zu tun. Obwohl sie in den Auseinandersetzungen zwischen Burton und Gielgud vermittelt, habe ich mich gefragt, warum ihre Figur im Stück überhaupt eine so große Rolle spielt. Häufig hat sie einfach nur die Aufgabe „gut auszusehen“. Apropos gut aussehen: Das Setdesign von Es Devlin und die Szenenwechsel sind ein weiteres visuelles Highlight. Durch kreative Begrenzungen links, rechts und oben entsteht die Optik eines sich öffnenden bzw. schließenden Bildes, was Szenenwechsel besonders mühelos wirken lässt und ebenfalls etwas für’s Auge sind.

Szenenbild aus THE MOTIVE AND THE CUE - Regie: Sam Mendes - Das Setdesign - Photo by Mark Douet
Das Setdesign – Photo by Mark Douet

Was ist ein Theaterabend wert?

THE MOTIVE AND THE CUE war die 19 Euro wert. Auch 39 Euro wären gerechtfertigt gewesen. Über 100 Euro hätte ich dafür aber nicht ausgeben wollen. Der Blick hinter die Kulissen einer turbulenten Theaterproduktion, die starken schauspielerischen Leistungen von Gatiss und Flynn, das Setdesign und die dynamischen Szenenwechsel überzeugen durch die Bank. Während der Großteil des Stückes die Zuschauer fesselt, bleibt der Einsatz die Figur „Elizabeth Taylor“ negativ im Gedächtnis. Insgesamt liefert das Stück ein fesselndes Theatererlebnis, wenn man sich denn für die Zeit und „Backstage“-Geschichten interessiert.

8/10

Bewertung: 8 von 10.

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