Bereits seit Jahren ist die Rolle der Frau im Film – vor und hinter der Kamera – ein Dauerthema. Zum einen wird von Schauspielerinnen geklagt, es gäbe keinen anspruchsvollen Rollen. Die anderen bemängeln ein Fehlen von weiblichen Regisseuren. Nach diesen Kriterien müsste man eigentlich THE BEGUILED lieben. Der Regisseur ist eine Frau und bis auf Colin Farrell und ein paar Statisten-Soldaten gibt es nur Frauen im Film. Klingt also nach guten Voraussetzungen für einen Film, der alle glücklich macht. Leider ist Sofia Coppolas Remake der 1971 erschienenen gleichnamigen Romanverfilmung erstaunlich bieder und inhaltsleer.
Angesiedelt in der Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs erzählt der Film von der Schülerin Amy (Oona Laurence), die bei der Suche nach Pilzen im Wald den verwundeten Nordstaaten-Offizier John McBurney (Colin Farrell) findet. Amy bringt den Soldaten in das Mädcheninternat von Martha Farnsworth (Nicole Kidman), die trotz des nahenden Krieges ihr Internat und die Schülerinnen nicht aufgibt. Neben Amy werden Alicia (Elle Fanning), Jane (Angourie Rice), Marie (Addison Riecke) und Emily (Emma Howard) von Miss Farnsworth und der einzigen Lehrerin Edwina Dabney (Kirsten Dunst) unterrichtet. Obwohl Martha nichts mit dem verfeindeten Soldaten zu tun haben möchte, entscheidet sich die religiöse Internatsleiterin im Sinne der christlichen Nächstenliebe McBurney erst einmal gesund zu pflegen. Doch die Anwesenheit des Mannes sorgt bald für Chaos.
Visuelle Opulenz und Inhaltsleere
Sofia Coppola führte hier nicht nur Regie, sondern sie schrieb auch das Drehbuch. Coppola hat seit jeher einen besonderen Stil was die Bilder, den Lichteinfall und die Kadrierung angeht. Kameramann Philippe Le Sourd gelingt es die Frauen und die Landschaft von Louisiana wunderbar in Szene zu setzen. Trotzdem wirkt die Bedrohung in und außerhalb des Hauses nicht wirklich einschüchternd.
Der Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd findet in der Ferne statt. Schwarze Rauchsäulen und gelegentliche Kanonenschüsse deuten diesen an. Trotzdem wird im Wäldchen fleißig nach Essbarem gesucht, auch wenn es innerhalb der Internatsmauern genügend Essbares gibt. Auch die Gefahr – also der feindliche Soldat – wirkt kaum gefährlich. McBurney humpelt die meiste Zeit im Film herum oder liegt im Bett und genießt die Aufmerksamkeit seiner weiblichen Gesellschaft. Auch wenn eine Schülerin mehrfach McBurney als den Feind bezeichnet, den man sich ins Haus geholt habe, verpufft die Wirkung, da ihre Warnungen von den anderen nicht ernstgenommen werden.
Mann wird zur Projektionsfläche und Frau macht sich hübsch
Kaum taucht Colin Farrell im Frauenhaushalt auf, beginnen die Veränderungen. Die Mädels hübschen sich auf, ziehen plötzlich elegante Kleider oder Accessoires an um dem Unbekannten zu gefallen. Der liegt zu diesem Zeitpunkt noch im Bett und versucht sich zu erholen. Hier stellt sich die erste Frage nach dem Warum. Was haben die Mädchen und Frauen davon? Sie würden es ja nicht tun, wenn sie sich nichts davon versprechen würden. Am ehesten versteht man es noch bei Teenagerin Alicia, die ihre Wirkung auf das andere Geschlecht austestet.
Auch bei Edwina und Martha lässt sich das verzückte Verhalten noch halbwegs erklären. Die Männer sind alle im Krieg, die Frauen sind alleine zuhause, arbeiten hart und haben seit längerem keine Komplimente mehr gehört. Aber dass sie dann alle reihenweise dem einzigen Mann verfallen, ich weiß nicht. Sie sind ja nicht auf einer einsamen Insel. Sie brauchen auch ganz offensichtlich keinen Mann um ihr Leben zu meistern. Ganz im Gegenteil. Da fällt es schwer zu verstehen, warum eine nach der anderen diesem Soldaten verfällt. Und so zieht sich DIE VERFÜHRTEN hin. Als der Film dann mit etwas, das wohl ein Wendepunkt sein soll, um die Ecke kommt, sind die meisten Zuschauer wahrscheinlich schon eingeschlafen.
2.5/6 bzw. 4/10
Den Film gibt es seit dem 02.11.2017 auf DVD, Blu-Ray und VoD. Zur Erstellung der Kritik wurde mir von Universal Pictures freundlicherweise ein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf meine Wertung.
Trailer: © Universal Pictures Germany
Ich seh das wahrscheinlich durch die Sofia Coppola Fan-Brille, aber eigentlich bietet der Film genau all jene Komponenten, die man sich bei dieser Regisseurin erwartet (inklusive einer Geschichte, die relativ inhaltsleer und langsam voranschreitet). Genau darin liegt für mich immer das Phänomen Coppola-Film und ein Stück weit meine Begeisterung für die Dame. „The Beguiled“ offenbart in gewisser Weise die vorprogrammierte Natur des Menschen (und hier sogar der jeweiligen Geschlechter). Und im Zeitkontext betrachtet sind die Verhaltensweisen gar nicht mal so weit hergeholt.