Spiel der Illusionen (2021)

Lange habe ich das Staatstheater Nürnberg schon auf meiner Wunschliste stehen. Im Rahmen eines Kurzurlaubs hat es endlich geklappt. Und ich hätte mir kein besseres Stück aussuchen können, denn das SPIEL DER ILLUSIONEN ist nicht nur eine lustige Geschichte, sondern auch ein Plädoyer für die Kraft des Theaters. Der Vater Pridamant (Thomas Nunner) ist auf der Suche nach seinem verstoßenen Sohn Clindor (Justus Pfankuch). Dieser hat sich einem Schauspielensemble angeschlossen und nachdem eine Ablehnung dieses Berufs fast sicher ist, entschließt sich die Truppe den Vater an der Nase herumzuführen. So trifft Pridamant auf den angeblichen Magier Alcandre (Michael Hochstrasser), der ihm den Lebenslauf seines Sohnes erzählt. Gebannt verfolgt Pridamant, wie sein Sohn mit dem Maulhelden Matadore (Yascha Finn Nolting) unglaubliche Heldentaten besteht, wie er sich in die schöne Isabelle (Pauline Kästner) verliebt, wie er in Gefangenschaft gerät, die Flucht ergreift und das Glück der Liebenden ein tragisches Ende nimmt.

Szenenbild aus SPIEL DER ILLUSIONEN - Isabelle (Pauline Kästner) wird von Adraste (Felix Mühlen) begehrt. - © Konrad Fersterer
Isabelle (Pauline Kästner) wird von Adraste (Felix Mühlen) begehrt. – © Konrad Fersterer

Das Publikum als Komplizen

Direkt zu Beginn des Stücks wird das Publikum zum Komplizen gemacht. Kurz vor Start des Theaterstücks steigt der Gaukler (Pius Maria Cüppers) aus der Bodenlucke und stimmt das Publikum mit kleinen Scherzen auf den Abend ein. Kurz darauf wird die Ausgangslage erklärt. Das Publikum soll mithelfen, den hilfesuchenden Vater hereinzulegen. Um die Illusion perfekt zu machen, sollen die Zuschauenden in den oberen Reihen Tiergeräusche machen und in den vorderen Reihen schmatzende Geräusche, die den schlammartigen Untergrund illustrieren sollen. Das Publikum wird so zum Mitwisser, bleibt aber auch außenstehender Beobachter. Dennoch ist die ausgedachte Lebensgeschichte von Clindor derart spannend, dass man auch in dieser Position in die Geschichte hineingesogen wird.

Szenenbild aus SPIEL DER ILLUSIONEN - © Konrad Fersterer
Mit Nebelmaschine und Zaubertricks wird Pridamant von der Geschichte überzeugt. – © Konrad Fersterer

Es war alles nur Theater? Was heißt hier „nur“?

Das Stück hat schon mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel. 1635 wurde es unter dem Titel „L’Illusion comique“ in Paris uraufgeführt. Verstaubt oder altbacken fühlt sich der Abend aber überhaupt nicht an. Hier hat Regisseur Andreas Kriegenburg wirklich einen tollen Job gemacht. Das liegt nicht zuletzt auch an der Bühne, die durch die rote Zeltoptik ein bißchen was von einem Zirkuszelt hat. Gleichzeitig sorgt die Tatsache, dass man als Zuschauer sieht, wie Nebelmaschinen von A nach B getragen werden oder andere inszenatorische Illusionen erzeugt werden, auch für einen gewissen Entfremdungseffekt. Der Zog der Geschichte ist dennoch spürbar.

Szenenbild aus SPIEL DER ILLUSIONEN - Staatstheater Nürnberg - © Konrad Fersterer
© Konrad Fersterer

Frauen, die wissen was sie wollen

Während die älteren Herrschaften in SPIEL DER ILLUSIONEN häufig nur Beobachter sind, rocken die „Jungen“ den Abend. Modern an dieser Inszenierung ist, dass die Frauen, die wahlweise den Love Interest oder die Dienstmagd spielen, sich von ihren Rollen emanzipieren. Besonders Llewellyn Reichmann überzeugt mit Selbstbewusstsein, Querflötenspiel und einer Wutrede als Dienerin Lyse. Auch Pauline Kästner als Isabelle, die von allen Männern umworben wird, sucht sich selbstbewusst ihren Liebhaber selbst aus und legt sich dabei auch mit ihrem eigenen Vater an. Auch Yascha Finn Nolting, den ich von der Corona-Produktion → „Zeit füreinander“ schon kannte und der sich hier als liebestoller Angeber präsentiert, hat sich schnell in mein Herz gespielt. Lediglich im letzten Drittel schwächelt die Produktion ein bißchen, da es dann doch kleinere Längen gibt und das Stück dann sehr abrupt endet.

8/10

Bewertung: 8 von 10.

Gesehen am 09.10.2021 im Nürnberger Schauspielhaus

Trailer: © Staatstheater Nürnberg

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