Wohl eine der besten Serien des Jahres ist SEVERANCE. Es ist fast ein bißchen schade, dass die Serie bei Apple TV+ gelandet ist, da dieser Anbieter momentan eher noch Nischenpublikum bedient. SEVERANCE ist nach der sogenannten Severance-Methode benannt, eine fiktive Methode, Erinnerungen zwischen Arbeitszeit und Privatleben aufzuteilen. Das Unternehmen Lumon Industries gilt als Vorreiter in diesem Bereich. Im Zentrum der Serie steht der Teamleiter Marc S. (Adam Scott). Die neue Mitarbeiterin Helly R. (Britt Lower) stellt das System immer wieder in Frage, während Marc versucht, sie zu beruhigen. Doch auch im Privatleben wird Marc zu der umstrittenen Prozedur skeptisch beäugt. Dann taucht plötzlich auch noch ein Mann namens Petey (Yul Vazquez) bei Marc auf und behauptet ein ehemaliger Kollege aus der Firma zu sein.
Perfekte Work-Life-Balance?
SEVERENCE ist keine Serie, die man „nebenher“ schaut, sondern ziemlich komplex mit einem eigenen Vokabular. „Innie“ (= Persönlichkeit im Arbeitskontext) und „Outie“ (= Persönlichkeit außerhalb der Firma) zum Beispiel. Zudem bleibt der Zuschauende zunächst genauso im Unklaren wie die Figuren, was besonders aus narrativer Sicht Sinn macht, da es die Irritationen nur noch verstärkt. Insbesondere Helly ist als neue Mitarbeiterin eine Bezugsperson, da sie die Abläufe innerhalb von Lumon am wenigsten kennt und damit auch am meisten hinterfragt. Mit zunehmender Länge erfährt das Publikum dann aber auch ein bißchen mehr von den Outies und ihrer Motivation die Severance-Prozedur über sich ergehen zu lassen. Das grundlegende Thema, das hier in einer Sciene-Fiction-Form verhandelt wird, ist in erster Linie das Thema Work-Life-Balance und die Idee, dass man sich im Arbeitskontext wie ein anderer Mensch verhält als die Person, die man privat ist. Bei Dan Ericksons Zukunftsvision handelt es sich um eine Dystopie und um Kritik an der Leistungsgesellschaft.
Erstklassiges Ensemble
Ich muss gestehen, ich konnte mit Adam Scott bislang nie etwas anfangen. Ich kenne ihn in erster Linie aus amerikanischen Sitcoms wie z.B. THE GOOD PLACE. Und wenn mir jemand gesagt hätte, dass gerade er die Hauptrolle in einem Drama spielt, bei dem noch dazu Ben Stiller, der auch nicht unbedingt für Filme mit anspruchsvollem Storytelling bekannt ist, Regie führt, dann hätte mich die Serie wohl eher abgeschreckt. Glücklicherweise wusste ich im Vorfeld relativ wenig über die Serie und die beteiligten Schauspielenden. Daher konnte ich die Serie, auch aufgrund des → fantastisch aufgebauten Piloten, wirklich sehr genießen. Und hatte auch immer wie Überraschungsmomente. Oh, Patricia Arquette ist auch mit dabei. Und John Turturro. Und Christopher Walken. Überhaupt ist diese Serie wirklich wahnsinnig gut besetzt.
Nicht nur der Inhalt überzeugt, sondern auch die Optik.
Ein großes Lob muss man im Fall von SEVERANCE unbedingt auch der Ausstattung machen. Das graue Betonklotz-Technikunternehmen. Die weißen Gänge, wo man sich fragt, wie man sich ohne Beschriftungen in ihnen zurecht finden kann. Der alte Röhrenmonitor auf dem Schreibtisch. Jedes Requisit scheint eine tiefere Bedeutung zu haben. Und das macht die neun Folgen der ersten Staffel wahnsinnig unterhaltsam. In Episode 7 und 8 zieht sich die Geschichte etwas, aber das Staffelfinale macht die Wartezeit mehr als wieder wett. Das Staffelfinale ist einfach nur großartig, voller Cliffhänger und weiterführender Fragen und macht große Lust auf die zweite Staffel.
9/10
SEVERANCE ist exklusiv über Apple TV+ abrufbar. Die zweite Staffel wird aktuell gedreht und soll im Sommer 2023 veröffentlicht werden.
„Severance“ ist eine der Gründe warum ich schon seit Monaten mit Apple TV+-Abo liebäugele, zumal mich die Thematik Arbeitswelt auch sehr interessiert. Gibt es beim Anbieter ein Probe-Abo?
Ja, es gibt ein Probeabo für die ersten sieben Tage. Bei der Gelegenheit bitte auch noch beide Staffeln TED LASSO schauen. Die sind genauso fantastisch.