Ja, so ist das halt mit den Erwartungen und den großen Namen. Die Weltpremiere zu QUEEN OF THE DESERT auf der Berlinale 2015 war weniger von den Namen der bekannten Schauspieler geprägt, sondern vielmehr vom Regisseur: Werner Herzog. Seit jeher gilt der gebürtige Münchner als bedeutender Vertreter des Neuen deutschen Films, des Autorenfilms und als deutscher Regieexport erster Güte. Die Erwartungen waren also dementsprechend hoch und wurden mehr als enttäuscht. Denn Herzogs Biografieverfilmung von Gertrude Bells Leben verkommt schnell zur seichten Schmonzette statt ein starkes Portrait zu liefern.
Tiefe Liebe für die Wüste
Im Jahr 1892 soll Gertrude Bell heiraten, doch ihre direkte Art und Intellekt verschreckt die potenziellen Heiratskandidaten. Schließlich stimmt ihr Vater zu, seine Tochter zu ihrem Onkel (Mark Lewis Jones) nach Persien reisen zu lassen, der dort als britischer Botschafter tätig ist. Ihre Cousine Florence (Holly Earl) ist heimlich in den Botschaftssekretär Henry Cadogan (James Franco) verliebt, der sich um die Frauen bei ihrer Ankunft in Teheran kümmert. Doch Henry hat nur Augen für Gertrude. Henry und Gertrude wollen heiraten, doch die Familie stellt sich gegen die Hochzeit, da Cadogan hohe Spielschulden hat und somit nicht als potenzieller Heiratskandidat infrage kommt. Gertrude reist zurück nach England um ihre Familie von der Heirat zu überzeugen, da erfährt sie, dass Henry ums Leben kam. Drei Jahre nach Henrys Tod ist Gertrudes Liebe zum Nahen Osten ungebrochen. Sie unternimmt mit einer kleinen Karawane einer Reihe gewagter Expeditionen um die Beduinen zu studieren. Das britische Militär ist nicht begeistert über den riskanten Alleingang der Lady. Aber der britische Vizekonsul in Damaskus, Major Charles Doughty-Wylie (Damien Lewis), bewundert Gertrudes Mut und lässt sie ziehen. Zwischen dem verheirateten Offizier Charles und der ruhelosen, eigenwilligen Gertrude entwickelt sich eine tiefe Freundschaft und schließlich Liebe. Gertrude Bell bereist Palästina, Syrien und Arabien, durchquert Salz- und Sandwüsten. In der antiken Hethiter-Stadt Karkemisch an der syrischen Grenze trifft sie auf ein britisches Archäologen-Team, zu dem auch der junge T. E. Lawrence (Robert Pattinson) gehört. Die britische Botschaft unterstützt Miss Bell zwar nach wie vor nicht im Geringsten, möchte sich aber ihr unschätzbar wertvolles Insider-Wissen zunutze machen. Doch Bell lehnt höflich ab und betont ihr rein wissenschaftliches Interesse für die Wüste und die Menschen, die in ihr leben. Schließlich wird Getrude als politische Beraterin im Arab British Bureau in Kairo. Hier trifft sie auch T. E. Lawrence wieder, der als britischer Verbindungsoffizier den arabischen Aufstand gegen die osmanischen Besatzer vorangetrieben hat. Die Türken sind besiegt, die arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches sollen eigenständige Staaten werden. Der arabische Führer Prinz Faisal wünscht, die berühmte Gertrude Bell persönlich zu treffen. Denn niemand aus dem Westen verstehe die Beduinen so wie sie.
Es hätte so eine schöne spannende Geschichte werden können. Gertrude Bell war ihrer Zeit, in der die Gleichberechtigung von Frauen noch in weiter Ferne lag, voraus, besonders was den politischen Einfluss anging. Nicole Kidman gibt überzeugend die Pionierin. Auch die Liebe zur Wüste nimmt man der Australierin ab, deren Rolle ursprünglich von Schauspielkollegin Naomi Watts gespielt werden sollte. Die menschlichen Liebesbeziehungen wirken aber wenig glaubhaft. Alle driften immer recht schnell ins Kitschige ab. Chemie zwischen James Franco und Kidman sucht man vergeblich. Francos Rolle sollte ursprünglich von Jude Law gespielt werden. Ein großes Fragezeichen steht ebenfalls hinter der Entscheidung Robert Pattinson als „Lawrence von Arabien“ zu besetzen. „Ich brauchte einen Briten, der immer noch wie ein Schuljunge wirkt, zugleich aber Souveränität ausstrahlt“, begründete Werner Herzog seine Casting-Entscheidung. Schuljunge kommt hin, aber Souveränität findet man im Spiel von Pattinson nicht.
Da Herzog wirklich jede Station von Bells Leben portraitieren muss, kommt es zu vielen Zeitsprüngen, die in ihrer Häufigkeit aber stören. Punkten kann der Film aber mit Kostümen, Drehorten und der Musik. Die Wüstenaufnahmen, Wind, der über die Dünen fegt und Karawanen, die von Wasserstelle zu Wasserstelle ziehen, überzeugen und sind ein Fest für die Augen. Dennoch versinkt der Film auf der narrativen Ebene und dank unglücklicher Besetzung unfreiwillig ins Kitschige und Komische.
Tolle Landschaftsaufnahmen, aber zu viel Kitsch (3.5/6)
Trailer: © Prokino Filmverleih
Mir war der Schmarren nur ein paar Zeilen wert:
https://kinogucker.wordpress.com/2015/08/09/koenigin-der-wueste/