Denkt man an Apple TV+, denkt man an Serien wie TED LASSO, FOUNDATION oder SEVERANCE. Man denkt an hohen Anspruch und noch höhere Qualität. Doch PRIME TARGET, oder PRIME FINDER (wie die Serie im Deutschen heißt), bleibt deutlich hinter den hohen Erwartungen zurück. In der britischen Thriller-Serie steht der brillante Mathematik-Absolvent Edward Brooks (Leo Woodall) kurz vor einem bahnbrechenden Durchbruch. Er arbeitet fieberhaft daran, ein Muster in Primzahlen zu entdecken. In den falschen Händen könnte man sich damit Zugang zu verschlüsselten, elektronischen Programmen verschaffen, da elektronische Verschlüsselung allesamt auf Primzahlen basieren. Bald merkt Edward, dass ein unbekannter Gegenspieler versucht, seine Idee noch vor ihrer Vollendung zu zerstören. Kurze Zeit später kreuzt die NSA-Agentin Taylah Sanders (Quintessa Swindell) seinen Weg, die damit beauftragt wurde, das Verhalten von Mathematikern zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten. Gemeinsam decken sie eine beunruhigende Verschwörung auf.

Eindimensionale Charaktere ohne Tiefgang
Die Figuren in PRIME TARGET wirken auf den ersten Blick interessant, erweisen sich bei näherer Betrachtung jedoch als zu oberflächlich konzipiert. Leo Woodall verleiht seiner Rolle kaum Tiefgang, was auch am furchtbar-schlechten Drehbuch liegt. Selbst nach mehreren Folgen bleibt rätselhaft, was Edward wirklich antreibt. Seine Charakterzeichnung beschränkt sich im Wesentlichen auf zwei Eigenschaften: Er liebt Mathematik und ist schwul. Ähnliches gilt übrigens auch für alle anderen Charaktere. Sie haben zwei Charaktereigenschaften und das war’s dann auch schon. Eine Charakterentwicklung, die sich über mehrere Folgen entfaltet, sucht man hier ebenfalls vergeblich. Null plus null plus null macht halt nicht eins. Folglich haben auch die Beziehungen der Figuren untereinander nicht genug Substanz um über acht Episoden hinweg zu fesseln. Die Glaubwürdigkeit der Figuren wird auch immer wieder gebrochen, wenn etwa Taylah zum ersten Mal auf Edward trifft und ihn auffordert sofort mitzukommen – was er natürlich ohne jegliche Rückfrage tut, weil das Drehbuch das halt so möchte. Und so kämpfen die schauspielerisch schwachen Hauptdarsteller gegen das noch schwächere Drehbuch an.

Eine Serie als absteigende Exponentialfunktion
Die grundlegende Prämisse von PRIME TARGET ist ebenfalls fragwürdig. Warum gelten ausgerechnet Mathematiker als die gefährlichsten Menschen der Welt? Und weshalb sollten Primzahlen eine derart bedrohliche Macht entfalten? Tatsächlich spielen Primzahlen in der digitalen Kommunikation, besonders bei Verschlüsselungsverfahren, eine wichtige Rolle – doch die Serie erklärt diesen Zusammenhang nur oberflächlich. So richtig Spannung mag da nicht aufkommen. Die Handlung plätschert dahin und nimmt ihr Publikum nicht ernst. So liegen beispielsweise Passwörter in einem hochsensiblen Forschungsinstitut offen herum oder es existiert Überwachungsmaterial in perfekter Auflösung von den unwahrscheinlichsten Orten. PRIME TARGET unterfordert sein Publikum erheblich. Der Spannungsbogen der Serie lässt sich am besten mit einer absteigenden Exponentialfunktion beschreiben – anfangs vielversprechend, doch mit jeder Episode näher an der Nulllinie.

Verschenktes Potenzial
PRIME TARGET hätte das Potential gehabt, die Welt der Mathematik mit dem Thriller-Genre zu verbinden. Dass so etwas funktionieren kann, beweisen Filme wie A BEAUTIFUL MIND. Stattdessen besteht die Serie aus abgedroschenen Klischees. Insbesondere die vielversprechende Ausgangssituation hätte mehr verdient als diese oberflächliche Umsetzung. Die Serie kann weder begeistern noch überraschen. Wer nach einer Serie zur Hintergrundberieselung sucht, hat mit diesem mathematischen Thriller einen passenden Kandidaten gefunden. Wer nach anspruchsvoller Unterhaltung sucht, sollte lieber zu anderen Produktionen von Apple TV+ greifen, die ihrem Publikum mehr zumuten und zutrauen.
PRIME TARGET ist exklusiv über den Streamingdienst Apple TV+ verfügbar. Eine zweite Staffel ist bislang nicht in Planung (Stand: 11.03.2025)
3.5/10
Als Geisteswissenschaftler bin ich bei Zahlen raus… 😉