Der Mohr Othello (Adrian Lester) ist Feldherr in der Armee der Republik Venedig. Er hat heimlich die junge, schöne und wortgewandte Desdemona (Olivia Vinall) ohne das Wissen ihres Vaters Brabantio (William Chubb) geheiratet. Der Fähnrich Iago (Rory Kinnear), der eigentlich erwartet hatte, dass Othello ihn zum Leutnant befördert, sieht wie Othello dem unerfahreren Cassio (Jonathan Bailey) „seine“ Stelle gibt. Iago sinnt deshalb aus Rache und versucht Othellos Ruf zu beschmutzen, indem er Brabantio von der Heirat seiner Tochter mit dem Mohr erzählt. Brabantio glaubt, dass Othello sie durch Magie verführt hat. Othello kann den aufgebrachten Vater allerdings davon überzeugen, dass sich die Beiden wirklich lieben. Dann wird Othello jedoch nach Zypern abkommandiert, wo ein Angriff der türkischen Flotte erwartet wird. Desdemona, Cassio, Jago und dessen Ehefrau Emilia (Lyndsey Marshal) begleiten ihn. Iago spinnt eine Intrige, der schließlich Cassio, Desdemona und schließlich Othello selbst zum Opfer fallen.
Die Inszenierung des Shakespeare-Stoffs übernahm Hamlet-Regisseur Nicholas Hytner. Das Setdesign unterstützt die Handlung. Die meiste Zeit wird offenen Containern gespielt, welche die Beklommenheit betonen, die sich mit zunehmender Spiellänge ausbreitet. In der ersten Hälfte des Stücks zieht sich die Handlung etwas, was allerdings daran liegt, dass erst einmal alle Figuren und deren Motive erklärt werden bzw. die Bedingungen für die Intrige geschaffen werden müssen. Die zweite Hälfte ist dann kompakter erzählt, da sich die Auswirkungen von Iagos geheimen Machenschaften zeigen. Die Liebesbeziehung zwischen Othello und Desdemona wirkt zu einzustudiert, fast unecht. Paradoxerweise nimmt man Adrian Lester und Olivia Vinall im Anschluss aber trotzdem den Schmerz, die Wut und die Trauer ab. Adrian Lester, den man hierzulande höchstens aus der BBC-Gaunerserie HUSTLE kennt, spielt unglaublich gut. So gut, dass es einem im wahrsten Sinne des Wortes schon Angst macht. Sein Othello brüllt in seiner Eifersucht herum, wirft Tische und Stühle um, schlägt Wände ein, weint und mordet – kurzum: man möchte ihm nicht im Dunkeln begegnen. Sein Opponent Rory Kinnear ist dagegen meistens die Ruhe selbst. Mit einer berechnenden Abgebrühtheit spinnt er seine Intrige und nutzt Leute reihenweise aus. Während zu Beginn des Stücks noch Othello das Sagen hat, übernimmt Iago irgendwann das Ruder und stellt somit Othellos Autorität in Frage.
Kleiner Kommentar noch zum Schwierigkeitsgrad: Um Othello zu verstehen, lohnt es sich vorab die Story zu kennen. Die Sprache ist nur was für Fortgeschrittene, Anglistik-Studenten und Muttersprachler, weil hier „altes“ Englisch gesprochen wird. Kleiner Exkurs: ere = bevor // hence= von hier // thee = dich // thou = du // ye = ihr // Thou art = Du bist.
Zieht sich zu Beginn, kommt dann aber richtig in Fahrt (4.5/6)
Trailer: © NT Live
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