Disney dreht auch weiterhin lustig Neuverfilmungen der alten Disney-Zeichentrick-Klassiker und weil der asiatische Filmmarkt ein Wachstumsmarkt ist, lag es natürlich nahe MULAN neu zu verfilmen. Auch in der Neufassung wird der chinesische Kaiser (Jet Li) von Eindringlingen aus dem Norden bedroht. Um der Bedrohung Herr zu werden, soll sich eine gewaltige Armee formieren. Aus jeder chinesischen Familie soll ein Mann in den Kampf ziehen – darunter auch der Vater der jungen Mulan (Yifei Liu). Zhou Hua (Tzi Ma) will dem Einberufungsbefehl Folge leisten, obwohl er krank und geschwächt ist. Kurzerhand beschließt Mulan, an seiner statt in die Schlacht zu ziehen. Sie verkleidet sich als Mann und gibt sich fortan als Jun Hua aus. Unter Kommandant Tung (Donnie Yen) muss sie die knallharte Ausbildung zur Kriegerin absolvieren und gleichzeitig hoffen, dass ihr Schwindel nicht auffliegt.
Superwoman
Wenn man mal überlegt, dass der Ursprungs-MULAN, der Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1998, für Kinder ab 0 Jahren freigegeben war, dann merkt man recht schnell, dass in dieser Realverfilmung ein anderer Wind weht. Denn die Neufassung, die unter der Regie von Niki Caro entstand, ist ab 12 Jahren freigegeben. Denn es gibt Action und wilde Schlachten. Mulan vollführt atemberaubende Stunts und findet dabei zu sich selbst. Das könnte auch der Plot eines Marvel-Films sein. Die Mulan der Neuzeit ist eine Superheldin. Mir ging das Schicksal von Mulan nicht im geringsten nahe. Eben weil sie diese übermenschliche Superheldin ist, mit der ich mich kaum identifizieren konnte, weil ich nach 10 Minuten Spielzeit schon wusste, dass sie am Ende den Tag retten wird. Das macht den Filmausgang wahnsinnig vorhersehbar und dröge.
Sprechende Drachen und ein fliegender Phönix
Im Gegensatz zum Zeichentrickfilm konnte man hier Mulan keinen sprechenden Drachen wie Mushu an die Seite stellen. Und er fehlt. Während im Zeichentrickfilm in den Gesprächen zwischen Mulan und Mushu immer auch ihre Motivation und ihre Gefühle erklärt werden, fällt das in der Realverfilmung weg. Hier schwebt in wichtigen Momenten lediglich ein CGI-Phönix durchs Bild. Mulan schaut ihm dann sehnsüchtig nach und das ist im Prinzip die komplette Szene. Ebenfalls neu ist die „Hexe“ Xianniang. Sie ist tatsächlich eine sehr spannende Frauenfigur, denn sie ist wie Mulan sehr begabt, ordnet sich aber komplett ihrem Meister Böri Khan unter. Warum das so ist, wird nicht erklärt, aber es ist schon wirklich bezeichnend, wenn man hier eine zweite Frauenfigur einführt, die sich – genauso wie Mulan letzten Endes – absolut nicht vom Patriarchat emanzipiert. Hier hätte man eine moderne Note reinbringen können und die Geschichte einer Frau erzählen, die es nicht nötig hat, sich von irgendwelchen Kaisern oder Familienoberhäuptern herumkommandieren zu lassen. Oder, die sich mit der „Hexe“ vielleicht sogar verbündet. Oder die Hexe als Gegenspielerin ganz ohne einen männlichen Anführer auftauchen zu lassen. So viele vergeudete Möglichkeiten.
Erzwungene Spannung
Zugegeben, die Actionszenen sind wirklich imposant und spannungsgeladen. Es sieht schon gut aus, wenn die Bösewichter mit ihren Pferden angeritten kommen, von dem Pferd herunterspringen um dann die Wand hochzulaufen. Und auch der finale Kampf von Mulan gegen Böri Khan (Jason Scott Lee) inmitten einer Baustelle aus Bambus und Holzgerüsten macht optisch sehr viel her. Diese Szenen können ihre volle Wirkung aber nicht ganz entfalten, wenn man sich nicht um die Figuren sorgt. Mir tun die AbonnentInnen von Disney+ leid, die für diesen Durchschnittsfilm 21,99 Euro zusätzlich zu ihrem Disney+-Abo gezahlt haben um den Film vorab zu sehen. Der Film spiegelt diesen Wert in keinster Weise wieder.
5/10
MULAN ist im Abo von Disney+ enthalten sowie auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray käuflich zu erwerben.