Nachdem ich die erste Staffel durchgesuchtet habe, war es keine große Überraschung, dass ich mich auch der zweite Staffel zuwende. Inzwischen bin ich auch etwas belesener. Ich weiß jetzt, dass LUCIFER auf einem Comic basiert. Der erschien beim Label Vertigo, was ein Imprint von DC Comics ist. (Das bestätigt übrigens auch meine Theorie, dass DC gar nicht so schlecht ist wie sein Ruf.) Produzent Tom Kapinos erzählt in der zweiten Staffel die Geschichte um den rebellischen Gottessohn weiter. Amenadiel (D. B. Woodside) und Lucifer (Tom Ellis) sind auf der Suche nach ihrer aus der Hölle geflohenen Mutter. Ihre Seele muss dazu in einen kürzlich verstorbenen Wirtskörper schlüpfen. Nachdem niemand weiß, wie die Mutter der beiden jetzt aussieht, gestaltet sich die Suche äußerst schwierig. Kurz darauf stolpert Lucifer über die Leiche von Gillian, dem Licht-Double eines Teenie-Fernsehstars. In ihrem Kopf stecken zwei Metallstangen, die an Teufelhörner erinnern. Nun vermutet Lucifer seine Mutter hinter der Tat. Doch das stellt sich schnell als Irrglaube heraus. Seine Mutter hat Zuflucht im Körper der Anwältin Charlotte (Tricia Helfer) gefunden und sucht Lucifer aktiv auf. Der ist überrascht und unsicher wie er mit seiner Mutter umgehen soll. Während Lucifer ihr nicht verzeihen kann, dass sie bei seinem Rauswurf aus dem Himmel tatenlos zugesehen hat, versucht sie ihn, von ihrer Unschuld zu überzeugen. Bald trifft auch Amenadiel auf seine Mutter und möchte sie am liebsten direkt wieder in die Hölle verbannen. Lucifer findet jedoch eine bessere Bestrafung für Charlotte.
LUCIFER – das Familiendrama
Die zweite Staffel ist um einiges besser als die erste, die noch sehr einleitend und erklärend daherkam. Nachdem jetzt alle Charaktere vorgestellt sind, können die Autoren jetzt aus dem Vollen schöpfen. Das Tempo hat merklich angezogen. Die Handlung wird komplexer. Im Vergleich zur ersten Staffel gibt es auch fünf Folgen mehr. Der Fokus verschiebt sich in dieser Staffel weg von den Kriminalfällen, die nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, hin zu dem Familiendrama der Morningstars. Es geht um enttäuschte Gefühle, einen Brudermord und vor allen Dingen Schuld. Der komplette Cast, besonders aber Tom Ellis, bekommt in dieser Staffel wesentlich mehr zu tun. Neben Lucifers Verhältnis zu seinen beiden Brüdern und seiner Mutter wird auch das Verhältnis zu Chloe weiter beleuchtet. Es gibt eine erste Erklärung, warum Lucifer in der Gegenwart von Detective Decker so verwundbar ist. Einer fehlt jedoch. Gott. Der Vater. Während sich seine Ex-Frau und seine Nachkommenschaft auf der Erde streiten, bleibt Gott abwesend und gleichzeitig dreht sich alles um den Gottvater. Die Ex-Frau will mit zweifelhaften Methoden die Aufmerksamkeit des Allmächtigen auf sich ziehen, damit sie wieder zurück in den Himmel darf. Lucifer fühlt sich hingegen auf der Erde pudelwohl und will weder in den Himmel noch zurück in die Hölle. Da ist es schon verwunderlich als “Gott” ausgerechnet in einer psychiatrischen Einrichtung auftaucht.
Der kleine und große Verrat
Wenn es ein zweites Thema gibt, dass sich durch die komplette Staffel zieht, dann ist es der Verrat. Manchmal beginnt der im Kleinen. In der Folge “Lady Parts” wird Chloe von Maze zu Drinks eingeladen, was Chloe als Freundschaftsangebot auffasst. Kurz darauf stellt sie fest, dass es nur eine Wette zwischen Maze und Lucifer war. Dem Zuschauer wird dabei nicht verraten, wer ein doppeltes Spiel spielt, doch aufgrund der verschiedenen Charaktereigenschaften steht man Figuren wie etwa der manipulativen Charlotte von vornherein skeptisch gegenüber. Während das Verhalten von Charlotte und Lucifer noch einigermaßen vorhersehbar ist, wird Amenadiel zum großen unbekannten Faktor. Häufig teilt er wichtige Informationen nicht mit seinem Bruder und seine Absichten bleiben häufig sehr vage.
Linda, der Abfalleimer
Eine Sonderstellung nimmt Linda ein. Als sie Lucifer in dem Glauben seine Aussagen seien nur Metaphern bittet sein wahres Selbst zu zeigen und er tatsächlich ein teuflisches Aussehen preisgibt, steht Linda erst einmal unter Schock. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase steht Lindas Praxis allen überirdischen Familienmitgliedern und Freunden offen. Diese nutzen die Möglichkeit in erster Linie zum Auskotzen. Zudem wird Linda eine gute Freundin von Maze. Sie wird für den Zuschauer zur Identifikationsfigur und Rachael Harris bekommt öfters die Möglichkeit die Augen zu rollen oder das göttliche Familiengeflecht aus der Distanz zu betrachten. Weiterer Bezugspunkt ist die neue Gerichtsmedizinerin Ella Lopez (Aimee Garcia), die allen mit einer erfrischenden Offenheit begegnet und andere Mitmenschen gerne ohne Vorwarnung umarmt. Das kann ich nur begrüßen. Die Welt braucht mehr Umarmungen. Punkt. Es gibt wieder zwei, drei Episoden, die man sich hätte sparen können, aber ich im Großen und Ganzen macht die Staffel – abgesehen von einigen Logiklöchern, die hoffentlich noch in den nächsten Staffeln erklärt werden – Spaß und gute Laune. Man spürt, dass sich das Ensemble eingegroovt hat. Abermals glänzt Tom Ellis in seiner Rolle, die ihm offenbar auf den Leib geschrieben wurde. Die Staffel endet wie gewohnt mit einem Cliffhanger. Die dritte Staffel kann kommen.
5/6 bzw. 8.5/10
Trailer: © Amazon Prime
Dann bin ich mal gespannt, wie dir Staffel 3 gefällt.
Die dritte Staffel habe ich in drei Tagen gebingewatched. Muss ich mehr sagen? Kritik kommt demnächst.