Es sollte ja mittlerweile bekannt sein, dass ich viele “Klassiker” noch nicht gesehen habe. Einer dieser Klassiker ist KRAMER GEGEN KRAMER aus dem Jahr 1979. Besonders in Porträts über Meryl Streep taucht der Film immer wieder namentlich auf – wahrscheinlich weil Streep für diesen Film ihren ersten Oscar bekam. Seinen ersten Oscar bekam auch Dustin Hoffman. Er spielt in der Literaturverfilmung von Avery Cormans Roman den erfolgreichen Werbefachmann Ted Kramer. Ted steht kurz vor der Beförderung zum Vizepräsident der New Yorker Werbeagentur. Da packt seine Frau Joanna (Meryl Streep) unerwartet die Koffer und verlässt ihren Mann und den gemeinsamen Sohn Billy (Justin Henry). Der Workaholic muss nun sein Leben ändern um für seinen Sohn da zu sein. Zunächst geraten Vater und Sohn oft aneinander, doch dann entwickelt sich eine innige Beziehung zwischen Ted und Billy. Seine Karriere gerät immer mehr ins Stocken bis er schließlich seinen Job ganz verliert. Zeitgleich kehrt Joanna nach New York zurück und will nicht nur die Scheidung, sondern auch das Sorgerecht für Billy. Joanna und Ted finden sich schließlich vor Gericht wieder.
Hinter den Kulissen von KRAMER VS. KRAMER
Als wäre es nicht schon nervenaufreibend genug ein emotionales Scheidungsdrama zu drehen, kam es während der Dreharbeiten zu Spannungen zwischen Streep und Hoffman. Beide Schauspieler hatten zum Zeitpunkt der Dreharbeiten eine schwere Zeit. Hoffman machte gerade eine Scheidung durch. Streep trauerte um ihren verstorbenen Verlobten John Cazale. In verschiedenen Medien wurde berichtet, dass der Method Actor Hoffman Streep mehrfach belästigt hat. In einer Szene wirft Ted ein Weinglas neben Joanna an die Wand. Bis auf den Kameramann hatte Hoffman niemanden eingeweiht. Die Reaktion von Streep war echt. Außerdem – und das geht echt gar nicht! – beleidigte er Meryl Streep und erwähnte den Namen von John Cazale um eine glaubwürdige Darstellung von seiner Spielpartnerin zu bekommen. Ich habe zwar keine Ahnung von Schauspielerei, aber das ist einfach nur gemein und unmenschlich. Kein Wunder, dass Streep bis heute nicht mehr mit Hoffman zusammengearbeitet hat. Ich bin völlig aus allen Wolken gefallen, als ich → zu dem Film recherchiert habe und seitdem hat KRAMER GEGEN KRAMER für mich auch ein ungutes “Geschmäckle”.
Klassisches Rosenkrieg-Drama
Klammert man die Dreharbeiten einmal aus, ist KRAMER VS. KRAMER ein recht konventionelles, ruhiges Familiendrama. Auch wenn es für die damalige Zeit sicher ungewöhnlich war, dass hier die Frau die Familie verlässt (und nicht der Mann), zeichnet sich der Film durch eine recht simple, stringente Erzählung aus. Diese folgt dem Ursache-Wirkung-Prinzip und ist zum Teil auch etwas vorhersehbar. So spielt der Filmtitel bereits auf das Gerichtsverfahren der beiden verfahrenen Parteien an. Im Nachhinein wirkt es da schon etwas einfallslos, dass Robert Benton einen Oscar für die beste Regie für diesen Film bekommen hat, obwohl → im gleichen Jahr auch Francis Ford Coppola mit APOCALYPSE NOW zur Auswahl stand. Große Bilder liefert KRAMER VS. KRAMER nicht, wohl aber fantastische schauspielerische Leistungen. Meryl Streep und Dustin Hoffman nimmt man die Liebe für ihren Filmsohn ab. Auch den inneren Kampf mit sich selbst kann Meryl Streep gut herüberbringen, auch wenn sie – bedingt durch weniger Screentime – ihre Rolle nicht ganz auf den Punkt bringen kann. Die Sichtweisen von Vater und Mutter sind absolut plausibel und insbesondere die Vater-Sohn-Beziehung geht ans Herz.
4/6 bzw. 7/10
Clip: YoutubeFilme – © Sony Home Entertainment