Der Professor von der Filmanalyse hat nicht immer Recht. Doch kürzlich, als er Terrence Malick zum → schrecklichsten Regisseur kürte und dies an KNIGHT OF CUPS festmachte, konnte ich nur zustimmend nicken. Ja, ICH. Ich schreibe nicht häufig Kritiken in der Ich-Form, weil man mir gesagt hat, das gehört sich nicht, aber in diesem Fall muss ich die Ich-Form wählen, denn dieser Film macht mich fertig. Und ja, dieser Malick nervt. Wenn man die Texte der Kollegen liest, dann stellt sich raus, dass dessen andere Filme, die ich noch nicht gesehen habe, offenbar ebenfalls so fragmentarisch und wirr sind. Herr Witte von Cereality eröffnet seine Filmkritik mit den Worten: →“Wenn ein etablierter Regisseur im Grunde dreimal denselben Film dreht, sollte jede kreative Integrität durchaus hinterfragt werden.“ Es hat etwas Tröstliches nicht allein mit dieser Meinung zu sein. Diesen Film furchtbar zu finden. Ich weiß nicht genau, wie ich diesen Film bewerten soll. Ich hatte mir damals bei der Berlinale, wo ich den Film im Friedrichsstadtpalast auf den unbequemen Stühlen gesehen habe, extra einen der begehrten mittigen Plätze ergattert. Ich wäre nach 30 Minuten so gerne aufgestanden und gegangen, aber rechts von mir war die Wand und links von mir vier Leute, die ich nicht aufstehen lassen wollte. Und ich bin nunmal ein sehr schauspielerfixierter Seher. Ich gehe lieber in einen schlechten Film mit guten Schauspielern als in einen guten Film mit schlechten Schauspielern. Und die Schauspieler sind auch alle gut. Natalie Portman, Cate Blanchett und Christian Bale – um nur mal drei zu nennen. Wie konnten die mich alle so haushoch enttäuschen? Haben die ihren Geschmack verloren? Wie konnten die überhaupt in einem Film mitspielen, der keinen Inhalt hat? Und wie konnte jemand überhaupt Geld für dieses Machwerk ausgeben? Und warum lief der Film auf der Berlinale? Gibt’s da keine Qualitätskontrolle? Oder hat man sich wie ich einfach nur auf die großen Namen verlassen?
Vom Unverständnis einer Filmkritikerin
Wer kein Fan von Sonnenuntergängen, Wasser in Swimmingpools, Wasser im Meer und Wasser im Brunnen, Zügen und Autos und den dazugehörigen Autobahnen ist,wird mit KNIGHT OF CUPS keine Freude haben. Eine Handlung oder Botschaft ist nicht vorhanden, fragmentarische und künstlerische Erzählweise. Schöne Bilder mit teilweise recht ungewöhnlichen Einstellungen. Voice-over als Ersatz für persönliche Gespräche. Viele Fragen auf die weder Film noch Protagonisten Antworten liefern. Schlaucht sehr, will und will nicht enden. Die bekannten Schauspieler können gar nicht ihr Können zeigen. Antonio Banderas steppt.
Das habe ich damals in meiner Berlinale-Stichwortkritik geschrieben. Das Einzige, an das ich mich jetzt noch erinnere, ist die Steppszene vom durchgeknallten Antonio. Meine Notizen von der Berlinale liegen neben mir und ergeben keinen Sinn. „Schöne Bilder, außergewöhnliche Perspektiven“ steht da. Und Fragezeichen. Immer wieder zwischendrin Fragezeichen. Letzter Ausweg, das Presseheft.
Selbst das Presseheft will mich offenbar verarschen. Die Presseheft-PDF-Datei lacht mich aus, ganz leise, während mein Blick samt runzelnder Stirn über die Zeilen schweift. Offensichtlich habe ich den falschen Film gesehen. Irgendwie passt der Pressetext nicht zum Film. Gut, das ist nichts Neues. Es gibt kein Presseheft, wo nicht geflunkert und geschönt wird. Aber hier hat man das Gefühl, die wissen auch nicht, was dieser Film mir sagen will. Will er überhaupt etwas sagen? In anderen Kritiken steht, der Zuschauer sei durch Malick aufgefordert selbst zu interpretieren, was er da sieht. Aber wie soll ich etwas interpretieren, wenn mir völlig der Zugang zum Film fehlt? Klar, da ist dieser Typ, der viele Frauengeschichten hat und mir mittels Voice-Over seine Gefühlswelt erklärt und den Sinn des Lebens sucht. Aber soll ich jetzt Mitleid haben mit dem Kerl oder ihn beglückwünschen? Soll ich diese schönen Bilder dazu nutzen um über den Sinn MEINES Lebens nachzudenken? Und warum soll ich das gerade bei diesem Film tun? Oder bin ich einfach zu blöd, einen Sinn in diesem Film zu sehen?
Mir fällt Andersens Märchen ein: → Des Kaisers neue Kleider. Darin scheint Malicks Pointe zu liegen: Jeder, der den Sinn nicht sieht, ist dumm und seines Amtes nicht würdig. Ich weiß aber, dass beides nicht stimmt. KNIGHT OF CUPS ist eine lose Aneinanderreihung von schönen Bildern und schönen Menschen. Nicht mehr und nicht weniger. Wer darin einen Sinn sieht, möge sich bei mir melden.
Schöne Bilder, aber kein Inhalt (1.5/6)
Trailer: Studiocanal
Im Grunde sind fast alle seine Filme schwer erträglich. Man respektiert sie – die Inszenierung, als ganzheitliche Studie – aber sind allesamt keine Filme, zu denen ich eine Leidenschaft entwickeln kann. „The Thin Red Line“ schätze ich sehr, gerade als gelungene Anti-These zu „Der Soldat James Ryan“. Aber letztlich sind TMs Filme zu akademisch, zu um sich und Formalitäten kreisend.
Schön, dass ich nicht alleine bin. 🙂
Ich habe den jetzt noch nicht gesehen, aber an anderer Stelle schon endlos über Malick diskutiert. Ich verstehe meist einfach nicht, wo diese extreme Fixierung auf Plot und Handlung bei den meisten Zuschauern herkommt? Klar, die meisten Filme sind klassisches Erzählkino, aber Film ist doch primär erstmal ein ästhetisches Erlebnis und die audiovisuelle Ebene der direkte Kontakt dazu. Ich kann ja nur für mich sprechen, aber ich empfinde es immer wieder als recht angenehm (und dem Medium Film Abwechslung gebend), mich auf derartige Reisen mitnehmen zu lassen. Malick, LOST RIVER, UPSTREAM COLOUR, etc. – das sind eben Filme, wo das Erlebnis im Vordergrund steht und die Bedeutung vielleicht weniger offensichtlich ausformuliert ist. Sowas kann und MUSS es geben, wo bleibt sonst die Varianz im Film? Aber wieso sind nur so wenige Menschen in der Lage, bereit, oder gewillt sich einfach mal durch einen Bild-Rausch mitziehen zu lassen? Und wieso muss Inhalt unbedingt durch Plot vermittelt werden? Malick denkt sich doch selbstverständlich auch was (und sicher eine Menge), wenn er seine Filme macht. Er versucht nur eben eher über Gefühle und Wirkung zu erzählen…
Ich gebe dir Recht, auch solche Filme muss es geben. Allerdings werden die eben nicht als „ästhetisches Erlebnis“ vermarktet. In Trailern zu solchen Filmen wird häufig nur mit großen Namen geworben, die nach wie vor Kinozuschauer in die Filme locken. LOST RIVER ist ein ähnliches Beispiel, da wurde hauptsächlich mit Ryan Gosling geworben, damit die anschmachtende weibliche Fangemeinde kollektiv ins Kino rennt. Hier sind es sogar noch viel mehr bekannte Namen. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich fühlte mich schon verarscht. Wenn man einen Kunstfilm/Experimentalfilm (oder wie auch immer man sonst KNIGHT OF CUPS bezeichnen möchte) macht, dann muss man das auch in irgendeiner Form kennzeichnen und den Zuschauer ernst nehmen. Und davon abgesehen schließen sich eine ungewöhnliche visuelle Form und eine spannende Story nicht aus. Gerade an Filmen wie VICTORIA und KREUZWEG sieht man das.
Warum muss man einen Film mit einer Genrebezeichnung kennzeichnen?
Bzw. steht auf dem Filmplakat „Written & Directed by Terrence Malick“, da kann man erwarten, dass man einen Film bekommt, der in Bezug auf Handlung, Erzählweise und Kontinuität eher The Tree of Life und To the Wonder ähnelt.
Und wenn die Marketingabteilung Fans von Christian Bale ins KIno lockt, bekommen sie auch jede Menge von ihm.
Ich fand den Film sehr interessant und werde ihn mir auf jeden Fall noch einmal angucken, empfehlen würde ich ihn aber nicht unbedingt.
Bei der „Filmanalyse“ bin ich immer wieder erstaunt, wie trocken und arrogant der Herr seine Meinung darstellt. <3
Ein kleiner Kommentar noch zur Erwartungshaltung. Ich kannte Terrence Malick vorher nicht und auch nicht welche Filme er sonst noch so gemacht hat (ich bin erst seit 3 Jahren dabei, da kann man noch nicht alle Regisseure und Filme kennen). Ich bin einfach aufgrund der Schauspieler in den Film (siehe Kritik). Deshalb konnte ich auch im Vorfeld nicht erwarten, „dass man einen Film bekommt, der in Bezug auf Handlung, Erzählweise und Kontinuität eher The Tree of Life und To the Wonder ähnelt.“
Menschen, zu den Schauspieler bekanntlich auch gehören, leben vom „Prinzip Hoffnung“. Ähnlich wie bei Woody Allen geniesst ein Regisseur wie Malick eine grosse Reputation. Regisseure wie er oder Allen brauchen nur mit dem Finger zu schnippen und alle die etwas von sich halten sind sogleich an Bord.
Es ist auch eine Frage der Eitelkeit und Schauspieler sind es in der Regel: Ein Name wie Malick liest sich eben gut in der eigenen Biografie.
„Jacker“ hat das in seinem Kommentar richtig beschrieben und es ist zu vermuten, dass ein Malick, der bedingt durch sein Werk durchaus als intelligent zu bezeichnen ist, eben dies vermutlich beabsichtigt hat: Mit gängigen Konventionen zu brechen.
Ich stimme da „Jacker“ zu: Film ist in erster Linie ein audio-visuelles Erlebnis. Wie Quentin Tarantino einst richtig formulierte: „That’s why they call it Motion Picture!“
Wir Menschen sind es seit Anbeginn gewohnt Geschichten erzählt zu bekommen mit Anfang, Mittelteil und Ende. Das begann bereits in unserer frühesten Entwicklung am Lagerfeuer und endete in der Moderne bislang (technisch betrachtet) im Kino.
Wir sind es gewohnt schnell und stringent unterhalten zu werden mit einer schlüssigen Dramaturgie, geschieht dies nicht, wird die Erwartung nicht erfüllt, wird die Erwartung nicht erfüllt, macht sich Enttäuschung und Frustration breit.
‚The Tree Of Life‘ war ein ähnlich „schweres“ Unterfangen, aber, wie ich finde, ein meisterhafter Film, mit dem es sich zu beschäftigen lohnt, weil er aussergewöhnlich war.
Den hier besprochenen Film kenne ich nicht, werde ihn mir aber trotz der negativen Kritiken und Verrisse ansehen.
Ich empfehle im übrigen sehr ‚In der Glut des Südens‘ und ‚Der schmale Grat‘, beides Kunst- und Meisterwerke der Filmgeschichte, wirklich grandioses Kino!
Die Kommentare hier zeigen eines: Malick regt an zur Kommunikation über ein Medium. Allein das ist doch schon eine Errungenschaft!
„Tree Of Life“ war ja scheinbar im selben Stil, den fand ich aber grossartig. Alleine die Bilder über sich ergehen zu lassen und darin meditativ zu verschwinden, grossartig. „Knight of Cups“ will ich mir nun unbedingt auch anschauen.